Die neuen Fähigkeiten von Smart Services

von Bernhard Steimel
29. Mai 2017
Die neuen Fähigkeiten von Smart Services

Ein Auszug aus dem neuen Praxisleitfaden „Internet der Dinge“, der kostenlos zum Download zur Verfügung steht.


Smart Services erfordern nicht nur eine völlig neue technologische Infrastruktur, sie ermöglichen darüber hinaus auch eine Vielzahl an vollkommen neuen Features und Funktionen (Produktfähigkeiten) und führen zu einer starken Veränderung nicht nur bei den Anwendern, sondern auch bei den Herstellern. Smart Services lassen sich in einem von vier Feldern einsetzen.

  1. Überwachung: Sie können ihren eigenen Produktstatus und ihre Umgebung überwachen. Sie liefern einem Unternehmen dadurch vollkommen neue Informationen über ihre Arbeitsweise, aber auch über den Umgang der Kunden damit. Die Überwachungsfunktionen erlauben auch Benachrichtigungen und Warnmeldungen bei kritischen Zuständen.
  2. Steuerung: Über Embedded- oder Cloud-Software können Produktfunktionen gesteuert und das Nutzererlebnis in vielfältiger Weise personalisiert werden, beispielsweise auch durch Mobilgeräte.
  3. Optimierung: Die Kombination der Funktionen für Überwachung und Steuerung ergeben neue Möglichkeiten für die Optimierung des Betriebs und der Nutzung eines Produkts. Dadurch kann einerseits die Produktleistung verbessert werden und andererseits sind Ferndiagnose und vorausschauende Wartung möglich – bis hin zu einer Selbstreparatur des Systems.
  4. Automatisierung: Die Kombination der Funktionen für Überwachung, Steuerung und Optimierung ermöglicht einen automatischen Betrieb der Produkte und Services sowie die eigenständige Abstimmung mit anderen Systemen in einem Produkt-Ecosystem. Konsequenz dieser Möglichkeiten ist eine steigende Autonomie der Produkte, befördert beispielsweise durch Algorithmen zum „Machine Learning“

Smart Services bieten eine große Bandbreite an möglichen Funktionen und Produktfähigkeiten. Vor allem die niedrigen Grenzkosten für zusätzliche Sensoren und Software-Komponenten erlauben es, neue Features relativ kostengünstig in ein Produkt einzubauen. Doch letztlich sollte der Kunde im Mittelpunkt solcher Überlegungen stehen.

Die verwirklichten Funktionen müssen dem Kunden einen echten Mehrwert bieten und nicht lediglich durch das Vorhandensein der entsprechenden Technologie motiviert sein. Darüber hinaus ist es eine empfehlenswerte Strategie für ein Unternehmen, sich für solche Funktionen zu entscheiden, die die eigene Wettbewerbsposition stärken. Hierbei kommt es auf die generelle Produktstrategie an. Wer zum Beispiel einen Premium-Ansatz verfolgt, kann sich durch umfangreiche Funktionspakete von der Konkurrenz absetzen.

Die Transformation betrifft das ganze Geschäftsmodell

Diese vielfältigen Einsatzszenarien erfordern eine grundsätzliche Änderung in der Konzeption und Gestaltung von Produkten. Ganz grundsätzlich entwickelt sich die Produktentwicklung von einer reinen Ingenieuraufgabe zu einem interdisziplinären „Systems Engineering“, das komplexe Systeme aus Hardware, Software und Cloud-Anwendungen gestaltet. Die folgenden Fähigkeiten sind typisch für smarte, vernetzte Produkte und Services:

Kostengünstige Varianten: Variabilität ist bei konventionellen Produkten ausgesprochen teuer, da jeweils andere Hardware notwendig ist. Doch die „Smartness“ der Produkte durch Software erlaubt es, kostengünstig unterschiedliche Produktvarianten auf den Markt zu bringen, ohne dass die Hardware geändert werden muss. Allerdings ist es notwendig, diese Variabilität direkt beim Design der Services und Produkte zu berücksichtigen. Ein guter Weg in diese Richtung ist der Ersatz von Hardware durch Software. Dabei wird beispielsweise statt spezialisierter und für bestimmte Anwendungsbereiche konfektionierte Elektronik ein umfassend nutzbarer Kleincomputer eingesetzt. Dadurch ist es nun möglich, auf der Basis der vorhandenen Sensoren, Aktoren und anderer Komponenten neue Funktionen nachzurüsten. Ein prägnantes Beispiel: Tesla Motors hat durch Veränderung der beim Model S mitgelieferten Bordcomputer-Software die Leistungskraft (PS-Zahl) des Motors erhöht und per Funk als Softwareaktualisierung ausgeliefert.

Langlebigkeit: Konventionelle Produkte werden generationsweise neugestaltet, so dass häufig jede Produktgeneration anders aussieht und andere Funktionen mitbringt. Dank der Upgrade-Fähigkeit durch Software werden smarte Produkte oft deutlich länger genutzt und seltener durch eine neue Gerätegeneration ausgetauscht.

Neue Benutzerschnittstellen und Augmented Reality: Die Vernetzung erlaubt die Verlagerung der Benutzeroberfläche auf ein externes Gerät, beispielsweise ein Smartphone oder Tablet. Dies erlaubt einerseits neuartige und attraktive Benutzeroberflächen und senkt andererseits die Kosten, da die Oberfläche nur noch in Software ausgeführt wird. Darüber hinaus ist es möglich, neue Interfaces wie AR-Brillen einzusetzen, um die Smart Services zu steuern.

Permanentes Qualitätsmanagement: Durch Vernetzung und laufendes Monitoring von Echtzeitdaten können Testphasen und Qualitätssicherung auf den laufenden Betrieb der Produkte ausgedehnt werden. Dies erlaubt den Unternehmen zusätzliche Möglichkeiten zur Fehlerbehebung und Wartung. Vernetzte Dienste: Die Vernetzung selbst erlaubt in vielen Bereichen zusätzliche, bisher nicht mögliche Dienstleistungen, etwa Überwachung, Fehlerdiagnose oder Warnmeldungen an den Wartungsdienst. Auch hier kann wieder Tesla Motors als prägnantes Beispiel dienen:

Der Hersteller aktualisiert die Assistenzsysteme seines Model S (Autopilot) regelmäßig per Funk und rüstet sie mit zusätzlichen oder verbesserten Funktionen aus. Neue Geschäftsmodelle: Unternehmen können ihre Geschäftsmodelle anpassen und sich von einem Verkäufer einzelner Produkte zu einem Anbieter produktbasierter Services wandeln. Das Modell des „Products as a Service“ ist in der IT-Branche bereits erfolgreich und kann auf zahlreiche andere Branchen übertragen werden, etwa durch Mietmodelle oder Sharing-Services.

Systemübergreifende Zusammenarbeit: Wenn smarte Services und Produkte Bestandteile eines größeren Ecosystems werden, können sie im Gleichklang mit anderen Produkten und Services, auch von anderen Unternehmen, weiterentwickelt werden. Voraussetzung dafür sind systemübergreifenden Standards, die eine Interoperabilität der einzelnen Produkte erlauben. So wäre ein Plattform-Service denkbar, der unterschiedliche Verkehrsmittel (ÖPNV, Limousinen-Services wie Uber, CarSharing-Anbieter) unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche zugänglich macht.


Nächste Woche geht es weiter mit: Die Transformation erfasst alle Unternehmensbereiche.

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