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Was bleibt als Erkenntnis der diesjährigen Call Center World übrig, die wieder eine Woche im Hotel Estrel in Berlin-Neukölln tagte? Der Veranstalter wollte erstmalig weder „Call“ noch „Center“ sein und das Telefonisten-Treffen nur noch unter dem Kürzel CCW durchführen.
Management Circle macht das im Leitmotto der Kongressmesse deutlich: „Weil Kunden nicht nur anrufen…“. Das habe vor allem etwas mit den digitalen Veränderungen zu tun. Für viele Kenner der Szene kommt diese Erkenntnis um einige Jahre zu spät. Seit 2006 geht das Anrufvolumen im Hotline-Geschäft zurück. Apps, Web-Services, mobiles Internet, Foren, Chats, How-To-Videos, verschriftete Kommunikation über Social Networks und Communities machen Telefonate für Kunden überflüssig.
Netz-Kommunikation ist kein Kanal
Die Spielregeln der vernetzten Kommunikation hat die Call Center-Branche immer noch nicht verstanden. Auch soziale Medien will man mit dem strengen Prozessdenken des telefonischen Kundendienstes im Geiste des Controllings einfach so nebenbei als „zusätzlichen Kanal“ bedienen. Diesen Denkfehler werden wohl viele Unternehmen erst dann abstellen, wenn die Konsolidierungswelle nicht nur die kleinen, sondern auch die großen Anbieter erfasst.
Service-Ärgernisse versanden eben nicht mehr in der Hotline-Warteschleife, sondern erblicken im Social Web das Licht in einer unübersichtlichen virtuellen Öffentlichkeit, die sich der zentralen Steuerung einer Service-Organisation entziehen. Textbausteine und Skript prägen die Alltagskommunikation des klassischen Agenten im Kundendienst. Im Netz helfen Sprachregelungen, Kontrollschleifen, Autorisierungen und Mauertaktiken nicht mehr weiter.
Kaum Social Web-Angebote für Kundendialoge
Wenn auf die geringe Relevanz des Social Webs für Kundendialoge verwiesen wird, darf nicht verschwiegen werden, dass mehr als jedes zweite Unternehmen gar keine Social Media-Angebote für Serviceanfragen macht. Das geht aus einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Strateco hervor. Rund 41 Prozent der Befragten gaben zu Protokoll, dass sie soziale Netzwerke einsetzen. Das Nutzungsvolumen liegt allerdings bei mageren zwei Prozent.
Verwunderlich ist das nicht, denn in der Regel werden die Präsenzen auf Facebook, Twitter oder Google Plus vom Marketing organisiert und sind überhaupt nicht auf Kundendialoge ausgerichtet, so das Resümee einer Berliner Talkrunde zur CCW mit Andreas Lendner und Heinrich Welter vom Software-Spezialisten Genesys sowie dem Technologieberater Stefan Grünzner von Tieto. „Mit den kostenoptimierten Standardprozessen der Call Center kommt man im Netz aber nicht weiter. Hier brauchen Mitarbeitern mehr Entscheidungskompetenz und das Vertrauen der Führungsebene, um selbständig mit Kunden kommunizieren zu können“, sagt Grünzner.
Auch das Marketing müsse erst lernen, dass die Zeiten der bunten Einwegkommunikation vorbei sind, meint Welter. „Marketingmanager sind ganz überrascht, dass es in einer vernetzten Welt sofort Reaktionen und Rückkopplungen gibt. Das ist man nicht gewöhnt.“
Das Management der Interaktionen sollte sich stärker auf das Verhalten der Nutzer ausrichten, fordert Genesys Vice President Andreas Lendner: „Die Kommunikation läuft immer mehr über Smartphones ab. Von den Service-Anbietern gibt es zumindest in deutschsprachigen Ländern noch sehr wenige Entwicklungen, die das mobile Nutzungsverhalten der Kunden richtig bedienen – etwa über Apps. Dabei liegen hier sehr große Chancen für personalisierte und maßgeschneiderte Kundendialoge.“
Am Ende der CCW-Kongressmesse bleibt als Fazit eher die Frage, warum Kunden immer noch bei einer Hotline anrufen müssen.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen auf Neue Nachricht.
5 Kommentare
Reblogged this on Ich sag mal.
Danke, sehr guter Artikel.
Oh Gott, warum muss die Akustik im Video denn so grottig sein!
[…] via Weder „Call“ noch „Center“: Hotline-Branche auf Sinnsuche | Smart Service. […]
Da lief die Aufnahme im Livestream über Lautsprecher. Beim nächsten Mal werden wir unsere Mikros direkt bei den Talk-Gästen platzieren.