Die Karte der Einschläge in verschiedenen Branchen

von Bernhard Steimel
20. Mai 2020

Das Coronavirus hat unser Leben in kürzester Zeit umgekrempelt. Während sich die Pandemie ausbreitet, werden die wirtschaftlichen Konsequenzen mit atemberaubender Schnelligkeit sichtbar. Die wirtschaftlichen Folgen betreffen nicht jedes Unternehmen in gleichem Maße. Es gibt sogar einige Unternehmen, die gar nicht betroffen sind.

Die unterschiedlichen Branchen lassen sich je nach Durchschlagskraft der Krise in drei Kategorien einteilen und in Form einer Ampel darstellen:

  • ROT: Branchen, bei denen die Nachfrage einbricht bzw. die Lieferketten zerstört werden
  • GELB: Branchen, bei denen sich Nachfrage und Lieferwege tektonisch verschieben
  • GRÜN: Branchen, deren Nachfrage durch die Krise stark wächst und im Extremfall auch Lieferengpässe entstehen können
Die Karte der Einschläge in verschiedenen Branchen
Die Branchen sind unterschiedlich stark von der Corona-Krise betroffen

Systemrelevant und sicher: Nicht alle Branchen sind vom Shutdown betroffen. So müssen sich Wasser- und Energieversorger sowie Entsorgungsunternehmen keine Gedanken machen, ihre Leistungen sind wichtig als Lebensgrundlage.

ROT: Branchen, deren Nachfrage einbricht

In vielen Branchen ist die Wirtschaftstätigkeit stark gestört. Je länger der wirtschaftliche Stillstand dauert, desto größer werden die Probleme. Einerseits ist die Rentabilität für das Gesamtjahr 2020 gefährdet, andererseits haben viele Unternehmen Schwierigkeiten bei der kurzfristigen Liquidität. Hinzu kommt, dass einige Branchen langfristig von Konsumzurückhaltung betroffen sein könnten, beispielsweise Luxusgüter.

Einen unglaublichen Einbruch erlitten alle Branchen, die auf die Mobilität ihrer Kunden angewiesen sind. Dazu gehören Gastronomie, Hotellerie, Raststätten und Motels, das gesamte Tourismusgewerbe inklusive der Luftfahrtindustrie, Event- und Messeanbieter, aber auch große Teile der Sport-, Kultur- und Unterhaltungsindustrie.

Diese Sektoren werden noch lange in Bedrängnis sein, denn es wird noch sehr lange Einschränkungen bei Reisen und Großveranstaltungen bis hin zu Konzerten geben. Unter Umständen können sie sogar über den von der Bundesregierung bislang vorgesehenen Freigabetermin Ende August hinaus noch eingeschränkt sein. Zum Schutz dieser Unternehmen ist bereits von zeitweiser Verstaatlichung in einer Art „Treuhand 2.0“ die Rede – der Rettungsfonds für Unternehmen. Die Unternehmen sollen „eingefroren“ werden, bis sich die Situation wieder erholt.

Doch auch in anderen Segmenten der Wirtschaft kommt es zu erheblichen Störungen. So sind vor allem in der Automobilindustrie viele (deutsche) Zulieferer nicht arbeitsfähig – zum Teil bereits seit Ende Januar, weil ihre Zulieferer in China produzieren und als erste von der Corona-Krise betroffen waren. Hier sind die Lieferketten abgerissen und sie können auch nicht mit hoher Geschwindigkeit wiederaufgebaut werden.

Zwar haben zahlreiche chinesische Unternehmen die Arbeit wieder aufgenommen, doch zunächst einmal müssen Transport-Container auf die mehrwöchige Schiffsreise nach Deutschland geschickt werden.

GELB: Branchen, deren Liefer-/ Distributionswege gestört sind

In einigen Sektoren wirkt sich der Stillstand zwar stark aus, doch die betroffenen Unternehmen können mit einem Teil ihres Geschäfts weitermachen. Ein typisches Beispiel sind Autohändler mit eigener Werkstatt. Solange die Abstandsregeln eingehalten werden und der Kundenverkehr entzerrt wird, kann die Werkstatt so weiterlaufen wie gewohnt.

Auch die Lebensmittelherstellung erlebt einen starken Wandel der Distributionswege. So bricht bei Getränkeabfüllern und Molkereien die Nach- frage aus Gastronomie, Kantinen und Catering ein. Im Gegenzug steigt die Nachfrage aus dem Lebens- mitteleinzelhandel. Dafür müssen die betroffenen Hersteller ihre Produktion umstrukturieren und kleinere Gebinde anbieten.

Online-Händler: Die Chinesen kommen

Stärker gestört als vermutet ist der Online-Handel. Zwar funktionieren die großen Marktplätze wie immer, doch kleinere Händler können Schwierigkeiten bekommen. Denn China fährt seit März seinen sehr agilen E-Commerce wieder hoch. Die Unternehmen haben nun die Chance, in Lücken zu springen und sich dauerhaft in Europa zu etablieren. Alibaba, aber auch mittelgroße Händler wie Gearbest.com verkaufen begehrte Waren wie FFP2-Schutzmasken in großen Mengen und zu guten Preisen. Zum Teil haben sie in Europa bereits eigene Lager aufgebaut.

Landwirtschaft, Handwerk und Baubranche sind unterschiedlich betroffen. Grundsätzlich laufen in diesen drei Branchen die Geschäfte weiter, sofern die Abstandsregeln eingehalten werden können. Doch in einigen Bereichen der Landwirtschaft und auf Baustellen herrscht enormer Arbeitskräftemangel, da hier auf Saison- und Zeitarbeiter aus anderen Ländern zurückgegriffen wird. Wegen der Reisebeschränkungen kommt es zu Engpässen.

Die Baubranche und alle damit verbundenen Gewerke haben zudem ein spezielles Problem durch den Shutdown: Die Behörden arbeiten im Homeoffice merklich langsamer und kommen mit Genehmigungen nicht hinterher. Der Digitalisierungsgrad ist so gering, dass die Papierakten nur mit großen Verzögerungen bei den Sachbearbeitern eintreffen.

Eine Beobachtung ist sektorübergreifend: Um Schwankungen in der Nachfrage abzufangen, steigen viele Hersteller auf andere, stärker nachgefragte Produkte um. Einige Beispiele: Autohersteller, die Beatmungsgeräte mit Scheibenwischermotoren konstruieren. Parfümhersteller, die aus ihren Alkohol-Vorräten Desinfektionsmittel produzieren. Brillen-Anbieter, die Gesichtsschutzschilde für Ärzte herstellen. Textilunternehmen, die Schutzmasken und -kleidung herstellen.

Trigema: Schneller Switch zu Schutzmasken

Der agile Unternehmer Wolfgang Grupp, der Geschäftsführer des süddeutschen Textilherstellers Trigema, hat sich nicht lange mit dem Schreiben von Kurzarbeitsanträgen aufgehalten. Stattdessen hat er bereits zu Anfang der Krise kochfeste Schutzmasken entwickelt und produziert. Mitte April lag die Tagesproduktion bei 35.000 Stück. Bis dahin waren etwa 350.000 Stück ausgeliefert und Bestellungen für eine Million Stück im Auftragsbuch – jedes zum Preis von zwölf Euro.

GRÜN: Branchen, deren Nachfrage stark wächst

„Einer der großen Gewinner-Krise sind die großen Online-Marktplätze, allen voran Amazon. Digitale Marktplätze und Plattformen sind die neuen Innenstädte:” Lieferservices ersetzen die Restaurantbesuche, Netflix das Kino und Online-Shopping den Schaufensterbummel. Doch der enorme Anstieg der Nachfrage beim Online-Handel betrifft nicht alle Produkte: Nahrungsmittel, Tiernahrung oder Heimelektronik werden stärker nachgefragt, während Mode, Schmuck, Luxusartikel und alles rund ums Auto eher zu den Ladenhütern zu zählen sind.

Amazon: 100.000 neue Mitarbeiter

Eine der großen Gewinner der Corona-Krise ist der Online-Riese Amazon. Da derzeit viele Menschen zu Hause sitzen und die Läden geschlossen sind, schnellten die Umsatzzahlen enorm in die Höhe. Der vorhandene Mitarbeiterstamm reichte nicht aus und Amazon stellte allein in den USA 100.000 Lager- und Lieferarbeiter ein. Zudem gab es für das gesamte Personal eine Lohnerhöhung um zwei Dollar.

Ein etwas kurioses Beispiel für einen Sonderboom ist Toilettenpapier, dessen Absatz sich über Wochen verdreifachte. Trotzdem waren die entsprechenden Supermarktregale häufig leer, morgens eingetroffene Lieferungen waren vormittags meist ausverkauft. Einen ähnlichen Anstieg der Nachfrage haben Hersteller von getrockneten Lebensmitteln wie Nudeln, Reis oder Bohnen und von Dauerlebensmitteln in Konserven oder Gläsern erlebt.

Auch Produzenten von Hygieneartikeln und Schutzausrüstung aller Art profitieren. Deutsche und europäische Hersteller beliefern allerdings in erster Linie den Medizinsektor. Die ebenfalls an diesem Produkt interessierten Privatkunden ordern via Internet bei chinesischen Anbietern, die seit einiger Zeit wieder produzieren.

Ebenso positiv sieht es bei HealthTec-Unternehmen aus. Telemedizin wird zwar schon seit Jahren diskutiert, doch der große Sprung nach vorn kam erst durch die Krise. Viele Ärzte haben Videosprechstunden eröffnet und dieser Trend wird bleiben. Denn selbst unter normalen Bedingungen ist es wenig angenehm, für eine Bagatelluntersuchung in eine überfüllte Praxis mit hustenden und niesenden Patienten zu gehen.

Im Corona-Boom befinden sich auch viele IT-Unternehmen. Der neue Trend zum Homeoffice hat die Nachfrage nach Cloud Computing deutlich erhöht. Die größten Profiteure sind – es war kaum anders zu erwarten – die leistungsfähigen Services von Microsoft, aber auch von Google und Amazon Web Services (AWS).

Doch auch kleinere Anbieter konnten Achtungserfolge erzielen, indem sie ihren Bestandskunden den Einstieg in den digitalen Arbeitsplatz ermöglichen. Plattformen und Angebote zum E-Learning boomen ebenfalls. Ein Beispiel aus China: Dort gibt es 24.000 kostenlose Kurse, die von vielen Leuten als Alternative zum reinen Unterhaltungskonsum gesehen werden. (Quelle)

Zoom: Aufstieg eines Außenseiters

Zoom wurde dadurch für viele Neulinge im Videoconferencing zum Mittel der Wahl

Bis Anfang des Jahres kannte kaum jemand in Deutschland die Videoplattform Zoom, in Unternehmen werden WebEx oder Teams häufiger benutzt. Doch Zoom überzeugt mit einer unkomplizierten Bedienung und wurde dadurch für viele Neulinge im Videoconferencing zum Mittel der Wahl. Konsequenz: Der Kundenstamm vergrößerte sich um mehr als 80 Prozent auf etwa 200 Millionen tägliche Nutzer.

Die Unternehmen der IT-Branche haben durch die erhöhte Nachfrage nach Anwendungen für die mobile Arbeit eine enorme Chance erhalten. Wenn es ihnen gelingt, die Neukunden in Sachen IT-Strategie und -Architektur zu beraten und passende Angebote zu machen, werden sie ihr Geschäftsmodell deutlich skalieren können.

Bei vielen Produktgattungen und Services ist es allerdings fraglich, ob die Nachfrage über längere Zeit anhält. Irgendwann sind die Vorratsschränke gefüllt und die Hamster müssen ihr Lager aufbrauchen. Auch Videostreaming erfordert Zeit, und sobald der Job wieder in den Vordergrund rückt, wird Netflix weniger interessant. Irgendwann kommt also ein Umsatzrückgang und erst nach dem Neustart der Wirtschaft und der endgültigen Eindämmung der Corona-Pandemie werden wieder normale Nachfragemuster entstehen.

Gratis-Tech zur Krisenbewältigung

Digitale Werkzeuge, die den schnellen Switch zu Homeoffice und E-Commerce unterstützen, sind im Moment besonders gefragt. Viele Unternehmen der Digitalwirtschaft reagieren auf eine typische Weise: Sie bieten ihre Tools für einen bestimmten Zeitraum kostenlos an. Diese Angebote helfen Unternehmen, die gerade sehr stark investieren und einzelne Digitalisierungsschritte nachholen, um arbeits- fähig zu bleiben. Deshalb sind kostenlose Instant-Lösungen sehr sinnvoll. Anschließend können die Anbieter dann ihren Neukunden helfen, die Lösung in die vorhandene IT zu integrieren. Die dahinterliegende Kalkulation: Viele Neukunden werden zahlende Stammkunden.

Telekom: Unterstützung für Geschäftskunden

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Kampagne der Deutschen Telekom: in Verbindung bleiben im besten Netz

Die Deutsche Telekom unterstützt Unternehmen mit einem umfangreichen Service- und Hilfspaket, um deren Betrieb am Laufen zu halten. Dazu gehört unter anderem ein kostenloser Test von Kollaborationslösungen, mehr Bandbreite für Homeoffice und Videokonferenzen sowie sichere Verbindungen für Firmennetze. Einen genauen Überblick über das Hilfsangebot findet sich auf der Website der Telekom.


Das ist ein Auszug aus unserer neue Studie: Trendbook Smarter Enterprise – X-Mal schneller aus der Krise. Die Studie steht ab sofort zum Download bereit.

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