„Wir stärken unsere Nachhaltigkeit mit Remanufacturing und Retrofitting“, sagt Prof. Dr. Heiko Wenzel vom Messtechnikhersteller Wenzel Group im dritten Smarter Service Talk. Der Chief Digital Officer kümmert sich um Digitalisierung und Unternehmensentwicklung – mit Impulsen aus seiner Hochschultätigkeit. Vor allem die innovative Einführung der Vier-Tage-Woche ist ein zentrales Thema, das Wenzel auf dem bevorstehenden Green Monday in Köln ausführlich erörtern wird. Wer sich für weitere Informationen interessiert: Zur Wenzel Group haben wir in unserer Studie „Doppelte Transformation“ eine ausführliche Fallstudie veröffentlicht.
Gemessen wird in der Fertigung
Die Wenzel Group legt großen Wert auf die ständige Innovation ihrer Produkte, um auch als kleinerer Akteur im Wettbewerb mit größeren Unternehmen erfolgreich bestehen zu können. Die Unternehmensstrategie konzentriert sich daher auf drei Hauptbereiche: Innovation auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, unternehmensweite Resilienz durch schnelle Reaktion auf globale Herausforderungen und Anpassung an technologische Veränderungen.
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Ein Dialog über Zukunftsstrategien in der Industrie mit Professor Heiko Wenzel
Mit der zunehmenden Digitalisierung der Industrie und der Einführung von Industrie 4.0 hat sich auch die Messtechnik verändert. „Das Messen und die Qualitätssicherung verlagern sich vom Messraum in die Fertigung“, sagt Professor Dr. Heiko Wenzel vom Messtechnikhersteller Wenzel Group. „Dadurch entsteht ein geschlossener Regelkreis: Die Messtechnik gibt die Korrekturwerte in Echtzeit an die Bearbeitungsmaschine weiter.“
Gerade bei Kleinserien oder Einzelanfertigungen wie in der additiven Fertigung, bei der jedes Bauteil ein Unikat ist, steht die Prozessüberwachung im Vordergrund. „Unsere neuen Produkte müssen daher robuster sein, da die Bedingungen in der Fertigung härter sind als im Messraum“, betont Wenzel. Die Maschinen werden kompakter, um Platz zu sparen, obwohl die Technologie im Wesentlichen gleichbleibt.
50 Prozent CO2-Einsparung mit Ecoline
Zu den neuen Anforderungen gehört auch die Nachhaltigkeit. Aus diesem Grund hat die Wenzel Group eine eigene Produktlinie entwickelt, die Ecoline. Sie basiert auf der Idee, dass der Granitsockel einer Messmaschine nahezu unverwüstlich ist und deshalb nicht nach 20 bis 25 Jahren entsorgt werden muss. Beim Ecoline-Konzept bleibt der alte Sockel erhalten und nur die technischen Komponenten werden erneuert.
„Das Ergebnis ist eine neuwertige Maschine, die wieder 20 Jahre läuft, ohne zusätzliche Ressourcen zu verbrauchen“, erläutert Heiko Wenzel das Konzept. „Das Ecoline-Projekt führt zu erheblichen CO2-Einsparungen, die wir auf rund 50 Prozent schätzen.“ Zudem wird durch das Recycling der Sockel der Verbrauch von Neumaterial deutlich reduziert, was zu Kostenvorteilen führt.
Ein weiterer nachhaltiger Ansatz ist das Retrofitting von Maschinen, um sie an technologische Entwicklungen anzupassen. „Das passiert etwa alle 10 bis 15 Jahre“, erklärt Heiko Wenzel. „Das Retrofitting von Maschinen direkt beim Kunden vor Ort ist für uns ein wichtiges Geschäftsfeld.“ Aktuell ist die Umstellung auf neue Messtechnologien mit optischen Sensoren ein häufiger Anwendungsfall für Retrofits.
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Datenanalysen für Condition Monitoring
Ein weiterer Digitalisierungsschritt bei der Wenzel Group ist die Fernüberwachung der Messgeräte, um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten. „Unsere Maschinen sind schon lange mit zahlreichen Sensoren ausgestattet – zur Überwachung von Temperatur, Feuchte und anderen Parametern“, sagt Heiko Wenzel. „Allerdings wurden diese Sensoren zunächst nur am Rande genutzt.“
Die Wenzel Group nutzt das volle Potenzial dieser Daten in neuen Maschinengenerationen für das Condition Monitoring, um den Zustand und die Aktivitäten der Maschinen detailliert zu überwachen und zu analysieren. Aus dieser Datenanalyse entwickeln sich nun Möglichkeiten für Predictive Maintenance und den Einsatz von KI zur Vorhersage des Wartungsbedarfs.
Darüber hinaus setzt das Unternehmen erfolgreich AR-Brillen im Service ein. Damit können Experten ihr Wissen virtuell vor Ort beim Kunden vermitteln. Heiko Wenzel: „Wir haben das während der Corona-Pandemie eingeführt. Aber es war so effektiv, dass wir es einfach beibehalten haben.“ Nicht zuletzt trägt es auch zur Nachhaltigkeit bei, da CO2-intensive Dienstreisen weitgehend vermieden werden.
Hohe Produktivität durch Vier-Tage-Woche
Nachhaltigkeit bedeutet für die Wenzel Group aber nicht nur CO2-Vermeidung. „Wir haben die Vier-Tage-Woche eingeführt, die ursprünglich von den Mitarbeitern angeregt wurde“, erzählt Heiko Wenzel. Das Unternehmen hat daraus ein schlüssiges Konzept entwickelt: Die Belegschaft arbeitet an vier Tagen in der Woche jeweils neun Stunden, also insgesamt 36 Stunden. Zuvor waren es 37,5 Stunden verteilt auf fünf Tage.
Insgesamt hat sich die Vier-Tage-Woche deutlich positiv auf das Unternehmen ausgewirkt, ohne die Produktivität negativ zu beeinflussen. „Der Freitag wird bei Engpässen als Arbeitstag mit Überstundenzuschlag genutzt“, beschreibt Heiko Wenzel die Regelung. „In der Regel ist die Arbeit aber bis Donnerstagabend erledigt.“
Die Vier-Tage-Woche gibt es bereits seit zwei Jahren. Die Mitarbeiter empfinden die Umstellung als positiv, das Betriebsklima hat sich verbessert. Die Zahl der Krankheitstage ist gesunken, da viele ihre Arzttermine auf den freien Tag legen. Außerdem hat das Modell zu mehr Bewerbungen geführt, da sich die Wenzel Group mit der modernen Arbeitszeitregelung als attraktiver Arbeitgeber positioniert.