Regeneratives Wirtschaften bestimmt das Unternehmertum im 21. Jahrhundert

von Bernhard Steimel
23. Oktober 2024

„Nur ein Unternehmen mit Impact hat Zukunft”, betont Stephan Grabmeier, Future Designer und Inhaber der Boutique-Beratung „Synergie Zukunft”. „Es sollte gesellschaftliche Herausforderungen oder Probleme lösen und positiv beeinflussen.” In unserem Interview spricht er über nachhaltige und damit erfolgreiche Unternehmen.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der Studie „Doppelte Transformation. Nachhaltig + Digital = Zukunftsfähig“. Einen Überblick über die Studie gibt dieser Artikel. Sie können sie außerdem hier herunterladen.

Herr Grabmeier, Sie haben das Konzept „Impact Business Design“ entwickelt. Worum geht es da?

Der Fokus von Impact Business Design liegt auf „Impact First“ statt „Profit First“. Das bedeutet, sich auf die positive Wirkung zu konzentrieren, die durch wirtschaftliches Handeln erzielt werden kann. So sollten Unternehmen ihre Geschäftsmodelle so ausrichten, dass sie damit Probleme lösen und nicht selbst Teil der Probleme sind. Ein guter Begriff dafür ist „Enkeltauglichkeit“. Viele Inhaber haben den Gedanken, das Unternehmen in einem guten Zustand an die nächsten Generationen zu übergeben.

Ein Beispiel ist das mehr als 267 Jahre alte Familienunternehmen Haniel. Es hat seine Unternehmensstrategie immer wieder erfolgreich angepasst. Heute präsentiert sich Haniel als Finanzholding mit einem beeindruckenden Portfolio. Das Unternehmen beschäftigt in seinen Beteiligungen insgesamt über 23.000 Mitarbeitende und erwirtschaftet einen Umsatz von über vier Milliarden Euro.

Wie sieht das konkret aus?

Die Enkelfähig-Strategie von Haniel basiert auf drei zentralen Säulen: People, Planet, Progress. Diese Prinzipien betonen die Balance zwischen wirtschaftlichem Fortschritt und nachhaltiger Performance. Sie geht so weit, dass sogar ein „Enkelfähig-Score“ für Produkte eingeführt wurde.

Dieser Score basiert auf einem dafür entwickeltem Lifecycle-Assessment, das den ökologischen Fußabdruck eines Produktes bewertet. Die zentrale Frage ist, ob es generationsübergreifend nachhaltig ist – wenn nein, wird es transformiert oder aus dem Portfolio entfernt. Gleiches gilt für Beteiligungen: Erfüllen sie die Kriterien der Enkelfähigkeit nicht, werden sie nicht aufgenommen oder wenn eine nachhaltige Transformation nicht gewollt ist, aus dem Portfolio entfernt.

Dabei geht es weder um Gewinnmaximierung um jeden Preis noch darum, ausschließlich auf Nachhaltigkeit zu setzen, wenn es die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Vielmehr geht es darum, unternehmerische Entscheidungen im Einklang mit beiden Aspekten zu treffen, so dass weder das eine noch das andere überwiegt. Diese Philosophie ist tief im Unternehmen verankert. Wenn man so will, ist dies das Unternehmertum des 21. Jahrhunderts.

Gibt es dafür noch weitere Beispiele?

Ein prägnantes Beispiel ist Ritter Energie und der damalige Geschäftsführer und heutige Beirat Moritz Ritter. Er stand vor der Schließung des Unternehmens, das trotz eines nachhaltigen Geschäftsmodells mit Solarthermie keine Gewinne erwirtschaftete. Er schaffte es jedoch, Ritter Energie profitabel zu machen, indem er auf erneuerbare Energien setzte.

Ein weiteres Beispiel ist Antje von Dewitz von VAUDE, die das Unternehmen vor 15 Jahren von ihrem Vater übernommen hat. Sie hat es geschafft, den Outdoor-Hersteller in ein nachhaltiges Unternehmen zu verwandeln. Hier wird die intrinsische Motivation deutlich, nachhaltige Werte zu integrieren und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Welche Vorteile hat eine solche Strategie für ein Familienunternehmen?

Enkelfähigkeit trägt zur Fokussierung bei und fördert eine größere Anpassungsfähigkeit. Wir leben in einer Zeit, in der extreme Anpassung gefordert wird. Seit einigen Jahren sprechen wir von der Ablösung der VUCA Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) durch die BANI-Welt (Brittel, Anxious, Non Linear, Incomprehensible). Jetzt spüren wir sie in vollem Ausmaß. Statt einfacher Anpassungsprozesse erleben wir überlappende Krisen. Nachhaltige Unternehmen bewältigen sie leichter als ihre Konkurrenten – ein weiterer Vorteil dieser Strategie die Zukunftsfähigkeit sichert.

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