Die neue Pragmatik der Nachhaltigkeit

von Bernhard Steimel
12. November 2024

Maria Blume, Leiterin der Stabsstelle Nachhaltigkeit bei Getränke Hoffmann, ist nicht die typische Nachhaltigkeitsmanagerin. Ihre Wurzeln reichen tief in die Zeiten zurück, als das Thema an deutschen Hochschulen kaum ein Thema war. Damals, erzählt sie, „hatte Nachhaltigkeit/CSR gerade seinen Einzug in die Vorlesungen der BWL gefunden.“ Doch was als theoretische Überlegung begann, wurde für Blume zu einer Mission, die sie pragmatisch und zielgerichtet verfolgt.

Diese Zielstrebigkeit zeichnet sie auch in ihrem Quereinstieg in die Welt der Nachhaltigkeit aus: „Für jedes Unternehmen ist das Thema anders“, erklärt sie und beschreibt, wie unterschiedlich die Arbeit in verschiedenen Branchen und Kontexten aussehen kann.

Seit dreieinhalb Jahren gestaltet sie damit die Zukunft von Getränke Hoffmann. Hier spielt Kreislaufwirtschaft eine zentrale Rolle: Mehrweg, Pfandsysteme, regionalere Produkte und die Suche nach umweltschonenden Alternativen sind keine leeren Schlagworte. Stattdessen sind es konkrete Handlungsfelder, die sie in ihrer täglichen Arbeit begleiten. Blume erläutert, dass gerade der Konsum von Getränken, dem Kerngeschäft des Unternehmens, eine persönliche Note verleiht. „Ich finde es total spannend“, erzählt sie, „weil wir alle einen privaten Bezug dazu haben.“ Hier wird das, was leider oft nur als ethisches Konzept verkauft wird, zu einem realen Ansatz – Konsumentin und Nachhaltigkeitsmanagerin finden sich in Blume wieder.

Priorisierung ist alles

Ein Werkzeug aus ihrem umfangreichen „Toolset“ ist die doppelte Wesentlichkeitsanalyse. „Priorisierung ist alles“, sagt Blume. Ohne dieses Instrument wäre es unmöglich, die begrenzten Ressourcen effizient einzusetzen. Denn oft ist bei der Nachhaltigkeitsarbeit in mittelständischen Unternehmen höchstens eine einzige Vollzeitstelle besetzt. Das bedeutet: „Programme, Maßnahmen und Budgets müssen genau geplant werden.“

Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse zeigt auf, wo Chancen und Risiken liegen, und das nicht nur im finanziellen Bereich, sondern auch in Bezug auf Mitarbeitergewinnung und Arbeitgeberattraktivität. Blume erklärt, dass diese Analyse hilft, sich auf Kernthemen zu fokussieren, die wirklich einen Unterschied machen und die Resilienz des Unternehmens stärken.

Ein Beispiel, das Blume besonders am Herzen liegt, ist das Mehrweg-Projekt im Weinsegment. „Mehrweg kennt jeder bei Bier und Wasser, aber wir haben uns gefragt: Warum nicht auch beim Wein?“, sagt Blume. Getränke Hoffmann hat diese Vision verwirklicht und bietet eine Eigenmarke in einer 1-Liter-Mehrwegflasche an – in Bio-Qualität und 2023 mit dem Mehrweginnovationspreis der Deutschen Umwelthilfe ausgezeichnet. Es zeigt, wie Innovationskraft und pragmatische Umsetzung zusammengeführt werden können.

Kampf gegen die Papierverschwendung

Doch Nachhaltigkeit ist mehr als eine ökologische und soziale Verantwortung. Blume sieht darin hauptsächlich eine wirtschaftliche Chance. „Wir wollen nicht nur compliant sein, wir wollen zukunftsfähig und widerstandsfähig werden.“ Dabei führt sie aus, dass Unternehmen eine neue Balance finden müssen zwischen den Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichterstattung und ihrer Steuerungsfunktion. Kennzahlen sollen nicht nur für die Berichterstattung erhoben werden, sondern auch aktiv in die Steuerung des Unternehmens einfließen. „Wir müssen überlegen, welche Kennzahlen steuerungsrelevant sind und wo Maßnahmen und Investitionen wirklich greifen können“, erklärt sie.

Ein weiteres Beispiel ist der Kampf gegen die Papierverschwendung bei Kassenbons. „Tun Sie bitte etwas gegen diesen Kassenzettel-Wahnsinn!“, hörte sie bei einer Filialtour von den Mitarbeitenden. Ein Problem, das viele Kundinnen und Kunden kennen: Unzählige Kassenbons, die gedruckt und dann ungelesen weggeworfen werden. Das Resultat? Ein digitales Bon-System, das den Papierverbrauch drastisch reduziert hat.  Allein 2023 sparte Getränke Hoffmann zwei Drittel der bis dato benötigten Kassenbonrollen ein – ein kleiner Schritt mit großem Effekt, wie Blume findet. Denn so wird Nachhaltigkeit für die Mitarbeitenden sowie Kundinnen und Kunden vor Ort greifbar und real sichtbar.

Die Perspektive auf Nachhaltigkeit bleibt jedoch komplex, besonders in der derzeitigen politischen Landschaft, in der Berichtspflichten und steigende regulatorische Anforderungen dominieren. Doch Blume hält an einer optimistischen Sichtweise fest. Für sie bietet z.B. der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) eine Plattform, die durch eine Softwarelösung ab Anfang 2025 kostenfrei und pragmatisch für alle Unternehmen zugänglich wird – eine Vision, die Blume mit Begeisterung teilt:

„Es gibt Wege, wie man das Thema effizient und pragmatisch angehen kann.“

Am 25. November wird sie beim Green Monday in Dresden über die Relevanz dieser Standards und ihrer Instrumente sprechen. Blume steht dabei für eine neue Pragmatik in der Nachhaltigkeitsarbeit: weg von der bloßen Pflichtübung, hin zur echten Transformation. Nachhaltigkeit muss aus ihrer Sicht integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie sein, nicht bloß ein Extra. Denn letztlich, sagt sie, ist es „der Schlüssel, um Unternehmen resilienter, innovativer und zukunftssicherer zu gestalten.

Veranstaltungsort

Telekom MMS, Riesaer Str. 5, 01129 Dresden
Für alle Green Monday Community Mitglieder, denen die Anreise zu weit ist, bieten wir die Teilnahme per Zoom-Meeting an.

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