Las Vegas und die industrielle Zukunft der Künstlichen Intelligenz: Siemens‘ Botschaft auf der #CES2025

von Gunnar Sohn
9. Januar 2025

Auf der größten Bühne der globalen Technologiebranche hat Peter Koerte, Technologie- und Strategievorstand von Siemens, keinen Zweifel daran gelassen, dass die industrielle Revolution 4.0 mit rasanter Geschwindigkeit voranschreitet. Auf der CES 2025 zeigte Siemens, dass die industrielle Künstliche Intelligenz (KI) mehr als nur ein Konzept ist – sie ist das Herzstück einer Transformation, die nicht weniger als die globale Produktionsweise revolutionieren will.

In einer Zeit, in der die großen KI-Debatten oft von überhöhten Versprechen und skeptischen Fragen dominiert werden, griff Koerte die Frage nach dem „Hype“ um KI auf. Seine Antwort war ebenso direkt wie programmatisch: „Absolut nicht.“ Die industrielle KI sei nicht nur nützlich, sondern ein „Gamechanger“ – ein Begriff, der auf der CES mit jedem Buzzword konkurriert.

Visionäre Gedanken: Technologie als Werkzeug für eine bessere Welt

Peter Koerte begann seine Rede mit einer Reihe rhetorischer Fragen, die die Zuhörer zum Nachdenken anregen sollten:

Was wäre, wenn das Klima sich abkühlen würde, Spannungen sich auflösten und der Himmel strahlend blau wäre?Was wäre, wenn Stromausfälle der Vergangenheit angehörten und unsere Unternehmen wirklich zukunftsbereit wären? Was wäre, wenn unsere digitalen Fußabdrücke nicht gefährlicher wären als unsere physischen? Und was wäre, wenn die einzigen Grenzen für eine bessere Welt die Grenzen unserer eigenen Vorstellungskraft wären?Was, wenn das kein bloßer Wunschtraum wäre, sondern eine Möglichkeit, ja sogar ein Versprechen?

Diese Fragen dienten als Fundament für Koertes Überzeugung, dass Technologie das mächtigste Werkzeug der Menschheit ist, um Fortschritt zu schaffen. „Während Wohlstand ein ambitioniertes Ziel bleibt, liegt echter Fortschritt in greifbarer Nähe – und Technologie ist der Schlüssel dazu“, erklärte er.

Digitale Zwillinge: Der Taktgeber der industriellen KI

Im Mittelpunkt der Siemens-Präsentation stand die Weiterentwicklung digitaler Zwillinge – virtuelle Replikate physischer Systeme, die Simulation und Optimierung von Produktionsprozessen revolutionieren. Koerte erklärte, dass der Erfolg digitaler Zwillinge nicht nur in der reinen Datensammlung liegt, sondern in der intelligenten Verknüpfung und Nutzung. Laut Koerte liegt hier das wahre Potenzial industrieller KI: „80 Prozent der von vernetzten Maschinen erzeugten Daten bleiben derzeit ungenutzt. Wir öffnen diese Schatzkammer.“

Eine der spektakulärsten Kooperationen, die Siemens auf der CES ankündigte, war die Partnerschaft mit dem kalifornischen Start-up JetZero. Dessen Ziel: die Entwicklung eines „Blended Wing“-Flugzeugs, das durch seine innovative Form den Treibstoffverbrauch drastisch senken soll. Mit Hilfe von Siemens’ digitalen Zwillingen kann JetZero bereits heute Produktionsprozesse simulieren – lange bevor die erste Fabrik errichtet wurde. „Ohne industrielle KI wäre dieses Projekt schlicht nicht denkbar“, so JetZero-CEO Tom O’Leary.

Kritische Anwendungen: Gebäude, Energienetze und Fabriken

Mit praktischen Beispielen unterstrich Koerte den unmittelbaren Nutzen der Technologie. So kann industrielle KI den Energieverbrauch in Gebäuden um bis zu 30 Prozent reduzieren, indem Kühlsysteme intelligenter gesteuert werden. Energienetze, die mit dem wachsenden Anteil variabler erneuerbarer Energiequellen konfrontiert sind, können mit Hilfe von KI ihre Kapazität ebenfalls um 30 Prozent steigern und Schwankungen besser ausgleichen.

Besonders beeindruckend war die Vorstellung des Siemens Industrial Copilot, einer gemeinsam mit Microsoft entwickelten Lösung. Dieses KI-gestützte Assistenzsystem unterstützt Fabrikarbeiter bei der Einrichtung, Programmierung und Fehlersuche von Maschinen und bietet damit eine Lösung für den akuten Fachkräftemangel in der Industrie. „Industrielle KI ist wie ein erfahrener Kollege, der rund um die Uhr zur Verfügung steht“, erklärte Koerte.

Übernahmen und die Rolle von Siemens

Die Ankündigung der Übernahme von Altair Engineering, einem führenden Anbieter für elektromagnetische Simulation, erfolgte bereits im Herbst 2024. Zehn Milliarden Dollar lässt sich Siemens diesen Schritt kosten – eine Summe, die von Marktbeobachtern als mutig bewertet wird. Doch Koerte konterte: „Gemessen an den Synergien ist dieser Preis gerechtfertigt. Altair schließt Lücken in unserem Portfolio, die uns zu einem noch stärkeren Anbieter im Bereich der digitalen Zwillinge machen.“

Siemens beschrieb sich auf der CES als „weltweit führenden Anbieter von Industriesoftware“ – ein Selbstbild, das mit der Präsentation der Plattform Xcelerator untermauert wurde. Diese digitale Plattform verbindet Hardware und Software und ermöglicht es Unternehmen, Effizienzgewinne von bis zu 30 Prozent zu erzielen, sei es im Energiemanagement oder in der Produktionssteuerung.

„Ein deutscher Ansatz mit globalem Anspruch“

Mit einer ungewohnten Offenheit stellte Koerte fest, dass deutsche Ingenieurskunst zwar weltweit bewundert werde, aber oft in der Kommunikation hinterherhinke. „Die CES gibt uns die Chance, das zu ändern. Hier zeigen wir, dass Siemens nicht nur technologisch, sondern auch kommunikativ zu den Besten gehört.“

Die CES wird traditionell von Konsumelektronik dominiert, doch Siemens demonstrierte eindrucksvoll, dass industrielle Lösungen dort ebenso gut aufgehoben sind. Für Koerte ist die Messe eine Plattform, um Partnerschaften mit Technologieunternehmen wie Nvidia oder AWS zu pflegen und gleichzeitig neue Kunden zu gewinnen.

Industrie trifft Innovation

Die Botschaft von Siemens auf der CES war klar und eindringlich: Die industrielle Künstliche Intelligenz ist keine Zukunftsvision, sondern eine Gegenwartsrealität, die bereits heute industrielle Prozesse transformiert. Mit einem starken Fokus auf praktische Anwendungen, wie der Optimierung von Energieverbrauch oder der Simulation von Produktionsprozessen, setzte Siemens ein klares Statement. Koertes Schlusswort resümierte die Ambitionen des Konzerns: „Wir wollen nicht nur Schritt halten – wir wollen den Takt vorgeben.“

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