Kommentar: Abgehängt oder Aufbruch? Deutschlands letzter Weckruf #BTW2025

von Gunnar Sohn
10. Januar 2025

Deutschland befindet sich inmitten eines epochalen Umbruchs. Jahrzehntelang basierte unser wirtschaftlicher Erfolg auf der industriellen Dominanz – auf Maschinenbau, Chemie, Automobilbau. Doch diese Gewissheiten geraten ins Wanken. Wir müssen uns von der Vorstellung lösen, dass industrielle Dominanz allein unsere Zukunft sichert. Smart Service ist mehr als ein technologisches Werkzeug – es ist die neue Grammatik wirtschaftlicher Wertschöpfung.

Die CES in Las Vegas zeigt uns, wohin die Reise geht: von autonomen Fahrzeugen, die Lieferlogistik revolutionieren, bis hin zu Gesundheitsgeräten, die personalisierte Therapiepläne in Echtzeit erstellen. Diese Entwicklungen unterstreichen, wie digitale Zwillinge, IoT-basierte KI-Agenten und Smart Grids nicht nur Prozesse effizienter gestalten, sondern auch neue Geschäftsmodelle entstehen lassen.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache

Laut der International Data Corporation (IDC) wird der globale Markt für IoT-gestützte KI bis 2027 ein Volumen von über 80 Milliarden US-Dollar erreichen. Der Bedarf an automatisierten Entscheidungen und Predictive Analytics treibt dieses Wachstum in Branchen wie Gesundheitswesen, Industrie und Energieversorgung. McKinsey prognostiziert, dass bis 2030 mehr als 70 % der weltweiten Produktionsstätten digitale Zwillinge einsetzen werden, während wir hierzulande immer noch an veralteten Konzepten der Fertigung hängen.

In der urbanen Lieferlogistik könnten autonome Fahrzeuge bis 2030 einen Marktanteil von über 60 % erreichen, so eine Studie von CB Insights. Doch während sich die USA und China um die Marktführerschaft duellieren, diskutieren wir in Deutschland über regulatorische Details und Datenschutz. Es ist nicht die Technik, die uns aufhält – es sind unsere Strukturen.

Lernen von den Besten

Die CES in Las Vegas hat eindrucksvoll gezeigt, wie Smart Grids und vernetzte Gesundheitslösungen die Welt verändern. Gartner geht davon aus, dass Smart Grids mit integrierten AI-Agenten bis 2028 den Energieverbrauch in Städten um bis zu 25 % reduzieren können. PwC prognostiziert, dass bis 2026 mehr als 40 % der Gesundheitsdienstleister auf IoT-Geräte mit KI-Agenten setzen werden. Warum also scheuen wir uns, diese Technologien zu adaptieren und ihre Potenziale auszuschöpfen?

Die Antwort liegt in einer falschen Prioritätensetzung. Während wir versuchen, unsere alten Industrien am Leben zu halten, vernachlässigen wir die Wissens- und Service-Ökonomie. „Unser Ziel ist, die Brücke zu schlagen: von der Fertigungshalle zum vernetzten Service, vom physischen Produkt zum datengetriebenen Kundenerlebnis“, erklärt Bernhard Steimel vom Smarter Service Institut.

Konkrete Hausaufgaben

Deutschland braucht ein neues wirtschaftliches Selbstverständnis. Wir müssen unsere Ressourcen in Forschung und Entwicklung, Bildung und Infrastruktur lenken, statt sie in Subventionen für auslaufende Industrien zu investieren. Dazu gehören:

  1. Förderung von Smart Services: Start-ups und KMUs müssen gezielt unterstützt werden, um Plattformen und Ökosysteme zu entwickeln. Accenture hebt hervor, dass bis 2030 mehr als 50 % der IoT-Geräte in Plattform-Ökosysteme integriert sein werden, die durch KI-Agenten gesteuert werden.
  2. Bildungsoffensive: Schulen und Universitäten müssen auf die Anforderungen der digitalen Ökonomie ausgerichtet werden. Wir brauchen keine endlosen Debatten über Lehrpläne, sondern konkrete Maßnahmen, um KI und Datenkompetenz zu vermitteln.
  3. Umsetzung statt Planung: Professor Holger Hanselka kritisierte auf dem Forschungsgipfel treffend, dass Deutschland großartig im Planen, aber miserabel in der Umsetzung sei. Es ist Zeit, dass wir handeln, ohne uns auf eine einzige Lösung zu fixieren.
  4. Klimaschutz durch Technologie: Laut der Boston Consulting Group (BCG) könnten IoT-basierte KI-Agenten bis 2035 helfen, den globalen CO₂-Ausstoß um 10 % zu senken. Warum also nicht die Technologien, die auf der CES gezeigt werden, adaptieren und hier einsetzen?
  5. Europa als Plattform: Deutschland kann diese Herausforderungen nicht allein meistern. Die EU muss als Innovationsplattform genutzt werden, um Standards zu setzen und globale Marktchancen zu nutzen.

Der Blick nach vorne

Deutschland steht an einem Wendepunkt: Die CES zeigt, was möglich ist, wenn Innovation und Umsetzung Hand in Hand gehen. Jetzt liegt es an uns, die Brücke zu schlagen – von der klassischen Industrie zur Smart-Service-Ökonomie, von der Idee zur Praxis. Das Rennen um die Zukunft hat begonnen. Zur Bundestagswahl erwarte entsprechende Antworten von den politischen Akteuren!

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