Deutschland steht vor der Wahl. Und wieder geht es um das Immergleiche: Steuererleichterungen für die Wirtschaft, Entlastungen für die Mitte, Rettungspakete für Industrien, die in der Vergangenheit feststecken. Währenddessen schleicht sich das eigentliche Thema wie ein Nebel durch die Kulissen: Wir haben keinen Plan für die Zukunft. Keine Antwort darauf, wie eine Wirtschaft aussieht, die mehr schafft mit weniger, die nicht von den Launen geopolitischer Lieferketten abhängt und die nicht auf einem 19. Jahrhundert-Wachstumsbegriff beruht, der mehr mit Dampfmaschinen als mit Digitalisierung zu tun hat.
Die Ampel versprach Modernisierung, bekämpfte aber stattdessen den Bürokratieabbau mit neuen Vorschriften. Digitalisierung wurde zur Pflicht, aber nicht zur Lösung – während deutsche Bürgerämter digitale Terminvereinbarungen einführten, um dann zu verkünden, dass man doch persönlich erscheinen müsse, um den Antrag abzugeben. Und der Fachkräftemangel? Ein Problem für Kommissionen, nicht für Politik.
Das Ende des Homo Oeconomicus
Die klassische Wirtschaftsidee ist gescheitert. Adam Smiths Homo Oeconomicus, dieser berechnende, egoistische Akteur, ist Geschichte. Wer im Jahr 2025 immer noch glaubt, dass Wirtschaft nur durch individuellen Nutzen maximiert wird, hat nicht verstanden, dass wir längst in einer relationalen Ökonomie leben.
Winfried Felser bringt es auf den Punkt: „Kooperation statt Hierarchie!“ Unternehmen, Städte, Branchen überleben nicht durch Abschottung, sondern durch kluge Vernetzung. Smarte Dienstleistungen, die sich anpassen, Ökosysteme, die sich gegenseitig verstärken. Wachstum ist keine Frage der Masse mehr, sondern der Struktur.
Doch die Relationale Ökonomie wurde missbraucht. Die Sharing Economy war einmal die Zukunft – bis Uber, Airbnb & Co. das Prinzip der Gemeinwohlorientierung in eine Monopolmaschine verwandelten. Das, was einst als intelligenter Ressourcenaustausch gedacht war, wurde zur Ausbeutungsplattform. Das Prinzip „Nutzen statt Besitzen“ wurde gekapert, zugunsten einer digitalisierten Lohnsklaverei.
Die Agora: Wo Wirtschaft entschieden wird
Wenn Politik ernsthaft eine Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit sucht, muss sie die Agora neu beleben. Die Agora, das war nicht nur ein Marktplatz, sondern der Ort, an dem Wirtschaft, Gesellschaft und Politik verschmolzen. Ein Raum der Auseinandersetzung, nicht der Verwaltung.
Stattdessen erleben wir das Gegenteil: Ein Staat, der sich in Mikroregulierungen verliert, der Wirtschaft durch Abwesenheit ebenso wie durch Übersteuerung lähmt. Deutschland erstickt an seinem eigenen Anspruch, alles kontrollieren zu wollen – und damit alles zu verlangsamen.
Was es braucht, ist eine Wirtschaftspolitik mit drei einfachen Prinzipien:
- Bürokratie zerstören, nicht reformieren. Vereinfachung ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Die Frage ist nicht, wie neue Regeln geschaffen werden können, sondern welche ersatzlos gestrichen gehören.
- Infrastruktur bauen, nicht diskutieren. Glasfaser, Stromnetze, Mobilitätskonzepte – eine Gesellschaft kann nur so schnell sein, wie ihre Infrastruktur es erlaubt.
- Unternehmertum ermöglichen, nicht verwalten. Die Zukunft wird nicht in Ministerien erfunden, sondern in Unternehmen, Start-ups, Netzwerken. Wer Wachstum will, muss loslassen.
Regierung als Marathon, nicht als Wahlkampf-Performance
Politik ist keine Bühne für die Inszenierung von Handlungsfähigkeit. Wer regieren will, darf sich nicht von Umfragewerten treiben lassen wie ein Influencer vom Algorithmus. Deutschland braucht keine Show, sondern Substanz. Transformation ist kein PR-Begriff, sondern eine Notwendigkeit.
Wachstum ist nicht die Frage der richtigen Anreize, sondern der richtigen Struktur. Wer 2025 noch glaubt, dass der Staat einfach nur Investitionen lenken muss, damit alles gut wird, ignoriert, dass jede Veränderung immer erst die Bürokratie überleben muss, bevor sie Realität wird.
Deshalb ist diese Wahl eine Entscheidung zwischen zwei Wegen: Weiterwursteln oder endlich handeln. Die Programme aller Parteien sind gefüllt mit wohlklingenden Worten – aber eine echte Regierung wird nicht daran gemessen, was sie verspricht, sondern was sie aus dem Weg räumt.
Das nächste Kapitel: Ein Land, das wagt
Winfried Felser bringt es auf den Punkt: „Das ist kein Ende, sondern ein Anfang.“ Und genau so muss es sein. Deutschland braucht nicht nur eine neue Regierung. Es braucht eine neue Idee davon, was Regieren bedeutet.