Winfried Felser bringt mit dem „Homo Eco Economicus“ eine interessante Figur ins Spiel: Ein Wirtschaftsmensch, der nicht nur für sich optimiert, sondern in Netzwerken denkt, Ökonomie mit Ökologie verbindet und das große Ganze im Blick hat. Eine schöne Idee – aber reicht das als Modell für eine vernetzte Wirtschaft, in der Wissen, Daten und Services zur entscheidenden Ressource werden?
Die Welt verändert sich nicht, weil Menschen bessere Absichten haben, sondern weil sich neue Strukturen des Wirtschaftens etablieren. Die entscheidende Frage ist also nicht, wie der Homo Eco Economicus denken sollte, sondern welche dynamischen Systeme entstehen, in denen solches Denken produktiv wird. Und genau hier liegt der größere Hebel: Das nächste Wirtschaftsmodell wird nicht nur durch „Eco-Intelligenz“ geprägt sein, sondern durch eine neue Form der vernetzten Wertschöpfung – durch die Wissens- und Smarter-Service-Ökonomie.
Vom Menschen zum System: Wirtschaft als intelligentes Netzwerk
Die industrielle Wertschöpfung war linear: Rohstoffe rein, Produkte raus, Wertschöpfung gemessen in Stückzahlen und Margen. Der Dienstleistungssektor war eine Ergänzung, bestenfalls ein nachgelagerter Support. Dieses Denken prägt noch immer viele Unternehmensstrategien – und auch viele Förderprogramme.
Doch die Zukunft gehört dynamischen, datengetriebenen Wertschöpfungssystemen. Unternehmen wie GEA, Heidelberger Druck oder Trumpf zeigen, wie das geht: Maschinen sind nicht mehr nur Produkte, sondern Plattformen. Service ist nicht mehr „After Sales“, sondern integraler Bestandteil der Wertschöpfung. Die Produktion ist nicht mehr nur ein linearer Prozess, sondern ein lernendes System, das sich über Feedback, Sensorik und KI kontinuierlich selbst verbessert.
Das ist kein moralisches Ideal, sondern eine ökonomische Notwendigkeit. Wer sich auf „Produkte verkaufen“ beschränkt, liefert immer weniger Wert. Wer es schafft, sein Wissen, seine Daten und seine Services in ein vernetztes Ökosystem einzubringen, schafft dagegen permanente Wertschöpfung.
Das neue Spielfeld: Wissens- und Smarter-Service-Ökonomie
Felser argumentiert, dass wir ein neues Menschenbild brauchen. Doch was wir vor allem brauchen, sind neue wirtschaftliche Architekturen. Und die entstehen gerade – rund um datengetriebene Services, um smarte Plattformen, um Geschäftsmodelle, die nicht auf Besitz, sondern auf Zugang und Ergebnissen basieren.
Die Wissens- und Smarter-Service-Ökonomie funktioniert nach anderen Prinzipien als klassische Märkte:
🔹 Ko-Kreation statt Einweg-Transaktion: Unternehmen schaffen Wert nicht mehr allein, sondern gemeinsam mit Kunden, Partnern und intelligenten Maschinen.
🔹 Kontinuierliches Lernen statt statischer Effizienz: Wert entsteht nicht mehr in der Perfektion eines einzelnen Produkts, sondern in der Fähigkeit, sich permanent zu optimieren.
🔹 Netzwerkeffekte statt linearer Prozesse: Wer es schafft, ein Ökosystem aus Daten, Services und Expertise zu orchestrieren, erzielt exponentiellen Wert – während isolierte Anbieter verlieren.
Die große Herausforderung: Politik und Institutionen hängen hinterher
Während die Wirtschaft sich transformiert, denkt die Politik noch in alten Kategorien: Sie fördert Einzelunternehmen, statt Netzwerke zu stärken. Sie setzt auf klassische Industrie, während die Zukunft in smarten Plattformen liegt. Sie regelt für das 20. Jahrhundert, während das 21. längst begonnen hat.
Statt immer noch über „nationale Champions“ nachzudenken, braucht es Fördermodelle für datenbasierte Wertschöpfung, für smarte Services, für vernetzte Innovationsräume. Wer hier bremst, wird erleben, dass die Märkte woanders entstehen – in China, in den USA, dort, wo Plattform-Ökonomie längst das Denken prägt.
Die nächste Stufe der Wirtschaft ist vernetzt – oder sie findet ohne uns statt
Der Homo Eco Economicus mag ein nützliches Konzept sein, um die Notwendigkeit eines neuen Denkens zu betonen. Doch die eigentliche Veränderung passiert nicht im Menschenbild, sondern in den Strukturen der Wertschöpfung. Wer sich nur als Produzent versteht, verliert. Wer sich als Orchestrator von intelligenten, vernetzten Systemen begreift, gestaltet die Zukunft.