Ökosystem schlägt Produkt: Wirtschaft neu denken mit KI und IoT

von Gunnar Sohn
9. Mai 2025

Die Dinge sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Sie sprechen. Sie senden. Sie vernetzen sich. Und sie erwarten von uns, dass wir das ebenso tun. In einer Welt, in der ein Melkroboter mehr über die Gesundheit einer Kuh weiß als ihr Besitzer, wird klar: Die Wertschöpfung ist nicht mehr linear, sondern zirkulär, dynamisch, eingebettet. Das Produkt steht nicht mehr im Zentrum – die Beziehung tut es. Willkommen im Zeitalter der Domäne.

Die neue Telekom-Studie „Digitale Ökosysteme – Wie Vernetzung Produkte, Services und Geschäftsmodelle verändert“ ist kein weiteres Manifest digitaler Heilsversprechen. Sie ist ein Lagebericht aus dem Maschinenraum der Transformation. Hier wird nicht über Künstliche Intelligenz gesprochen, als wäre sie ein ferner Orakelautomat, sondern als Hebel für etwas sehr Konkretes: die Verschmelzung von Produkt, Service und Geschäftsmodell zu einem intelligenten Ganzen.

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Was also ist ein Produkt in dieser neuen Ordnung? Es ist der Zugangspunkt zu einer Welt, die sich kontinuierlich um den Kunden dreht. In dieser Welt zählt nicht mehr, was man verkauft, sondern wie man verbunden bleibt. Retrofit statt Reibungsverlust. API statt Anpreisung. Die Wertschöpfung hat sich auf Wanderschaft begeben – dorthin, wo Daten entstehen, Bedürfnisse antizipiert und Lösungen gemeinsam entwickelt werden. Und die Produkte? Sie wandeln sich zu Plattformen, zu Partnern im Alltag.

Professor Julian Kawohl bringt diese Verschiebung auf den Punkt: Die Zukunft gehört nicht den Herstellern einzelner Dinge, sondern den Architekten von Problemlösungsräumen. Das Denken in Domänen – Building, Health, Manufacturing, Mobility – ersetzt das Denken in Kategorien. Wer immer noch vom „Produkt“ spricht, hat den Kunden längst verloren.

Der Maschinenbau wird zur Bühne dieser Verschiebung. Dort, wo einst Stahl, Präzision und Lebensdauer regierten, regieren heute Daten, Services und Customer Experience. Was nützt die beste Maschine, wenn sie nicht weiß, wie sie genutzt wird? Oder schlimmer: wenn sie es weiß, aber niemand zuhört? Ein Leckagedetektor für Druckluftsysteme ist nicht einfach ein Sensor. Er ist der Türöffner für ein „As-a-Service“-Modell, das dem Kunden sagt: Ich verstehe deinen Schmerzpunkt – und ich löse ihn für dich.

Miele macht es vor. Waschmaschinen in Studentenwohnheimen werden nicht mehr verkauft, sie werden betrieben. Von Miele selbst. Die Betreiber wollen keine Münzsysteme, keine App, keinen Ärger. Sie wollen Ruhe. Also bekommt der Elektriker die einfachste Installation seines Lebens – und der Nutzer eine Maschine, die einfach funktioniert. Smarter Service heißt auch: Komplexität verstecken, Einfachheit inszenieren.

Die Studie ist durchzogen von solchen Beispielen – nicht als Folklore, sondern als strategische Fingerzeige. Wer sich heute aufmacht, ein digitales Ökosystem zu gestalten, sollte keine Vision suchen, sondern einen Painpoint. Das Double-Diamond-Modell hilft dabei, aus einem Leiden eine Lösung zu machen – systematisch, iterativ, menschlich.

Und weil Digitalisierung ohne Organisation nur Staffage ist, benennt die Studie auch die interne Schmerzgrenze. Ein Produkt lässt sich verkaufen. Ein Service muss erklärt werden. Und zwar nicht nur dem Kunden, sondern dem eigenen Vertrieb. Zwischen IT und Business darf kein Blatt Papier mehr passen – eine schöne Formel für das Ende der Silos und das Beginnen der Symphonie.

Denn am Ende ist alles eine Frage der Orchestrierung. Die digitalen Domänen sind wie Instrumentengruppen in einem neuen Geschäftsmodellkonzert. Wer sie spielen will, braucht nicht nur einen Dirigenten – sondern auch Musiker, die bereit sind, vom Blatt zu spielen, das es gestern noch nicht gab.

Die Telekom-Studie zeigt: Die Zukunft gehört jenen, die den Mut haben, sich vom Produkt zu verabschieden und eine Beziehung einzugehen – mit dem Kunden, mit der Technologie, mit dem eigenen Selbstverständnis.

Nicht Produkte schaffen Wert, sondern Beziehungen. Und Beziehung ist die knappste Ressource der nächsten Wirtschaftsepoche. Wer das verstanden hat, wird nicht nur Partner seiner Kunden – sondern Teil eines Ökosystems, das sich selbst trägt. Und genau darin liegt die stille, tiefgreifende Revolution, die diese Studie beschreibt. Darüber sprachen die Studienautoren Bernhard Steimel und Gunnar Sohn:

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