Ein Impuls von Bernhard Steimel zur Telekom-Studie „Smart Connected Products“ im Dialog mit Marco Zingler
Die Digitalisierung deutscher Unternehmen hat ein Problem: Sie ist oft zu laut und gleichzeitig zu leise. Laut in der Inszenierung – mit Buzzwords, Innovationslabs und Hochglanzprototypen. Leise, wenn es um Umsetzung, Skalierung und echten Mehrwert geht.
Doch wer wie Marco Zingler, Geschäftsführer der Agentur Denkwerk, seit über 25 Jahren an der digitalen Frontlinie steht, formuliert nüchterner: Digitalisierung bedeutet nicht Innovation um der Innovation willen, sondern Rückbesinnung auf das Wesentliche. Kein Tamtam, kein Marketing-Theater. Sondern: Software, Services, Systeme. Funktional. Verlässlich. Lernfähig.
Shakeout statt Show – der digitale Realitätsschub
Was Zingler beschreibt, ist die stille Marktbereinigung, die sich unterhalb der Innovationsrhetorik vollzieht: Die Zeit der großen Visionen ohne Geschäftsmodell ist vorbei. Die wirtschaftliche Lage tut ihr Übriges. In einem konjunkturellen Abschwung wie jetzt wird die Digitalisierung zur Pflicht – nicht zur Kür.
Die neue Telekom-Studie „Smart Connected Products“ liefert dazu den passenden Ordnungsrahmen: Nicht die Technologie entscheidet – sondern, wie man sie organisiert.
Die Daten sind da, die Sensoren arbeiten, die Plattformen skalieren – doch entscheidend ist die Frage: Wie wird aus einem vernetzten Produkt ein tragfähiger Service?
Der Schal, der flüstert – und der Controller, der rechnet
Zinglers Experiment mit einem digitalen Schal, der Botschaften über Berührungen überträgt, ist ein Sinnbild. Nicht für Scheitern, sondern für Fokus. „Scarf“ war ein schönes Projekt, aber kein Produkt. Es war ein Labor, keine Linie. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Nicht jede Idee muss verkauft werden – aber jede Innovation braucht einen klaren Pfad zur Wertschöpfung.
Denn während die Technik neue Räume öffnet, schaut der Mittelstand auf Effizienz. Predictive Maintenance spart bis zu 30 % Wartungskosten. Digitale Zwillinge machen Produktionsprozesse transparent. Das steht nicht in der Zukunft – das steht in der Telekom-Studie. Und es steht auf der Agenda der Controller.
Drei Prinzipien für echte Transformation
- Weg vom Produktdenken, hin zur Plattformlogik.
Unternehmen, die Licht, Energie oder Mobilität heute noch verkaufen, müssen verstehen: Der Kunde kauft keine Geräte mehr – er kauft Services, Lösungen, Erlebnisse. „Light-as-a-Service“ ist keine rhetorische Figur, sondern ein Abrechnungsmodell. - Technologie als Ermöglicher, nicht als Treiber.
Das Beispiel Stiebel Eltron zeigt: Es geht nicht darum, Wärmepumpen „smarter“ zu machen – sondern Planung, Einbau und Wartung effizienter, zugänglicher und vernetzter zu organisieren. Digitalisierung ist dort erfolgreich, wo sie echte Friktionen löst – nicht nur neue Interfaces schafft. - KI nicht als Magie, sondern als Methode.
Denkwerks Ansatz „KI-Thinking“ ist nicht nur ein kluges Wording, sondern ein methodischer Fortschritt: Statt KI als Blackbox zu betrachten, wird sie zum Werkzeug der inklusiven Entwicklung. Beispiel: ein Tool zur Barrierefreiheitsanalyse, das echte gesellschaftliche Wirkung entfaltet.
Von der Maschine zur Beziehung
Die Telekom-Studie formuliert es so: Ein smartes Produkt ist kein Ding. Es ist ein Knotenpunkt in einem Netzwerk. Es sieht. Es hört. Es lernt. Es handelt.
Und es fragt zurück: Was willst du von mir?
Wer darauf keine Antwort hat, hat ein Problem.
Denn Produkte sind heute Beziehungsangebote. Die Frage ist nicht mehr, wie sie gebaut werden – sondern wie sie sich in Plattformen integrieren, wie sie mit Nutzern kommunizieren und wie sie sich weiterentwickeln.
Weniger Rhetorik, mehr Architektur
Der digitale Wandel ist keine Revolution, sondern eine systematische Reorganisation. Was zählt, ist nicht die Idee, sondern der Aufbau. Nicht das Versprechen, sondern der Service. Nicht der Pitch, sondern der Betrieb.
Wer Digitalisierung als Show begreift, wird sie verlieren.
Wer sie als Infrastruktur versteht, gewinnt.