Wer Erol Gökcek von der Deutschen Telekom zuhört, merkt schnell: Hier spricht keiner über Karosserien, sondern über Konnektivität. Kein PS-Geschwätz, kein Fetisch für Felgendesign. Stattdessen: Datenflüsse, Schnittstellen, globale Mobilfunkarchitekturen. In der Podcast-Folge „IoT im Automobilbau – Wie vernetzte Fahrzeuge Mobilität neu definieren“ gibt Gökcek Einblicke in eine Branche, die sich von der Hardware emanzipiert – und zur Infrastruktur für digitale Geschäftsmodelle wird.

Der Gesprächsverlauf ist dabei bezeichnend: Es geht keine Sekunde um den klassischen Verbrenner. Stattdessen spricht Gökcek über Over-the-Air-Updates, KI-gestützte Wartung, cross-fleet Personalisierung und das Ende des 2G-Notrufstandards. Das Auto, wie es früher war – ein fertiges Produkt, das mit dem Verlassen des Werks seinen Zenit überschritten hatte – existiert nicht mehr. Stattdessen ein rollendes Betriebssystem, immer online, immer lernfähig.

Das Auto wird zur Plattform.

Ein Satz, der im Tech-Sprech schon abgegriffen klingt, gewinnt hier neues Gewicht. Denn was Gökcek beschreibt, ist kein visionäres Wunschdenken, sondern operative Realität. Die Deutsche Telekom versteht sich nicht mehr bloß als Netzanbieter, sondern als Taktgeber für eine vernetzte Mobilität. Das beginnt bei der globalen SIM-Karte und endet bei KI-gestützten Analysen von Anomalien im Fahrverhalten.

Dabei wird deutlich: Mobilität ist nicht länger nur eine Frage des Antriebs, sondern der Infrastruktur. Wer Daten nicht in Echtzeit verarbeitet, verliert. Wer keine OTA-Updates bereitstellt, verliert. Wer Nutzerprofile nicht über Fahrzeuggrenzen hinweg mitzieht, verliert. Die Loyalität zum Hersteller hängt zunehmend weniger vom Fahrverhalten ab – sondern davon, ob sich der Lieblings-Podcast automatisch auf dem neuen Dienstwagen fortsetzt.

Autonom, aber nicht allein

Spätestens bei der Frage nach 5G Standalone und Netzslicing wird klar: Das selbstfahrende Auto ist kein Solitär. Es ist ein Knoten in einem fein gespannten Netzwerk. Gökcek beschreibt präzise, wie ganze Produktionsstraßen umgerüstet werden müssen, damit Fahrzeuge kurz vor dem Verlassen des Werks mit der neuesten Software versorgt werden – ohne Latenz, mit garantierter Bandbreite, per reservierter Netzressourcen.

Was früher Entwickler in abgeschotteten Testumgebungen optimierten, geschieht heute im Live-System. Continuous Deployment in Blech und Kunststoff. Das Auto ist nicht mehr fertig – es ist im Werden. Und der Nutzer wird Teil dieses dynamischen Prozesses, ob er will oder nicht.

Der Notruf als Sinnbild

Gökcek bleibt nicht bei Wachstumsnarrativen. Er spricht auch über Brüche. Etwa wenn es um E-Call-Systeme geht, die auf 2G basieren – einem Standard, der in vielen Ländern bald abgeschaltet wird. Plötzlich steht die Sicherheit auf dem Spiel, weil Regulierung und Technik sich nicht synchronisieren. Der Fall zeigt: Die neue Mobilität bringt nicht nur Fortschritt, sondern auch Fragilität. Wer Verantwortung delegiert – an Systeme, Netzwerke, Software – muss auch ihre Lücken verantworten.

Vernetzung ohne Vertrauensverlust

Die Rolle der Telekom in dieser neuen Ökonomie ist die des Enablers. Gökcek beschreibt, wie sein Unternehmen aus dem Backend heraus agiert: als Plattformbetreiber, als Cloud-Integrator, als Datenvermittler. Die Idee: Die Automobilindustrie soll sich auf das Erlebnis konzentrieren, während die Telekom den digitalen Unterbau orchestriert. Was banal klingt, ist ökonomisch revolutionär: Die einstige Infrastruktur wird zum Produkt. Und das Produkt wird zur Dienstleistung.

Ein neues Betriebssystem der Mobilität

Wer Gökceks Ausführungen im Kontext der Studie „Digitale Ökosysteme“ liest, erkennt die größere Bewegung dahinter. Fahrzeuge sind nur ein Anwendungsfall. Ähnliches geschieht im Gebäudesektor, in der Logistik, in der Industrie. Das Auto ist bloß das sichtbarste Beispiel für eine Ökonomie, die nicht mehr produziert, sondern orchestriert. Nicht mehr verkauft, sondern verbindet.

Die Podcast-Folge mit Erol Gökcek ist mehr als ein technisches Branchenupdate. Sie ist ein Zeitdokument der Transformation. Ein Gespräch über Plattformlogik, Netzneutralität, Softwarisierung – verpackt in eine halbe Stunde Mobilitätszukunft. Und ein Beweis dafür, dass die Autoindustrie nicht stirbt. Sie wird nur neu verkabelt.

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