Realwirtschaft statt Rhetorik – Die Offset-Regel als pragmatischer Gegenentwurf zu Trumps Zollpolitik @bundeskanzler @HermannSimon

von Gunnar Sohn
7. Juni 2025

Ein Balanceakt mit Tiefenwirkung

Was wie ein diplomatischer Balanceakt begann, entwickelt sich zum realpolitischen Signal: Friedrich Merz hat beim Treffen mit Donald Trump nicht nur Haltung gezeigt, sondern auch einen ökonomisch klugen Ausgleichsvorschlag unterbreitet – die sogenannte Offset-Regel. Statt reflexhafter Proteste gegen drohende US-Zölle setzt Merz auf gegenseitige Verrechnung von Handels- und Produktionsströmen.

Der BMW aus South Carolina

Zur Veranschaulichung führt er ein konkretes Beispiel an: Deutschland exportiert jährlich rund 400.000 Autos in die USA. Zugleich produziert die deutsche Automobilindustrie ebenfalls 400.000 Fahrzeuge in amerikanischen Werken, die dann vor Ort verkauft oder weiterexportiert werden. Sein persönliches Beispiel: Merz fährt privat einen BMW X3, der im Werk Spartanburg im US-Bundesstaat South Carolina vom Band gelaufen ist. Die Löhne der Arbeiter, die dieses Auto gefertigt haben, fließen in amerikanische Haushalte. Damit sei sein Fahrzeug – so Merz augenzwinkernd – ein amerikanisches Auto mit deutscher Marke.

Die Idee hinter der Offset-Regel

Die Offset-Regel, wie Merz sie vorschlägt, will genau diesen ökonomischen Realitätssinn politisch nutzbar machen: Wenn deutsche Unternehmen in den USA produzieren, Arbeitsplätze schaffen und lokale Wertschöpfung betreiben, sollte dies bei der Beurteilung von Handelsungleichgewichten berücksichtigt werden. Es geht also nicht mehr allein um Exportzahlen, sondern um die gesamte wirtschaftliche Präsenz im Partnerland.

Argumente statt Empörung

Diese Sichtweise ist nicht nur wirtschaftsnah, sondern auch konstruktiv: Sie nimmt Trumps protektionistische Logik ernst – kontert sie aber mit harten Zahlen statt mit moralischer Empörung. Genau an diesem Punkt knüpft Hermann Simon an, einer der profiliertesten Preisstrategen und Marktkenner Deutschlands.

Direktinvestitionen als strategische Antwort

Die Schwäche im US-Markt

Simon weist im Sohn@Sohn Adhoc-Interview auf eine strategische Schwäche hin: Während deutsche Unternehmen in China massiv investiert haben – über 8.000 aktive Firmen, mehr als 2.000 neu errichtete Werke –, sei die Präsenz auf dem US-Markt vergleichsweise schwach. Die dortige Positionierung deutscher Unternehmen bezeichnet er als „strategische Lücke“, die dringend geschlossen werden müsse.

Nähe zum Kunden, Nähe zur Macht

Solche Investitionen vor Ort sind dabei nicht nur ein Signal politischen Wohlverhaltens, sondern ein handfestes Mittel zur ökonomischen Resilienz: „Unternehmen, die in den USA produzieren, umgehen nicht nur mögliche Zölle, sondern gewinnen zugleich Nähe zu ihren Kunden, Flexibilität in der Preisgestaltung und – vor allem – politische Rückendeckung“, betont Simon.

Was CFOs jetzt tun müssen

Preiselastizität wird zum Schlüsselfaktor

Anhand konkreter Rechenbeispiele zeigt Simon, wie empfindlich Märkte auf zusätzliche Zölle reagieren. Bereits ein 10 %-Tarif kann – bei elastischer Nachfrage – Margen drastisch schmälern. Hersteller senken Preise, Endkunden zahlen dennoch mehr, Absatz und Gewinn brechen ein. Wer nicht präzise mit Preiselastizitäten und Marktanalysen arbeitet, agiert im Blindflug.

Preisstrategie als geopolitisches Instrument

Für CFOs und Vorstände bedeutet das: Preisgestaltung wird zur geopolitischen Disziplin. Es genügt nicht mehr, nur Kosten weiterzugeben – vielmehr braucht es differenzierte Analysen der Preisreaktionen auf Kundenseite, segmentiert nach Produkt und Region. Hermann Simons Preismanagement-Leitfaden liefert dafür die notwendigen Instrumente: datengetriebene Modelle, Szenarien und strategische Ableitungen.

Industrielle Präsenz als Argument

Mehr als nur Export

Was folgt daraus für die Bundesregierung? Die Offset-Idee von Merz verdient politische Weiterentwicklung. Sie ist kein starres Instrument, sondern ein verhandlungstaugliches Modell, das industrielle Realität als Ausgangspunkt internationaler Abkommen denkt. Außenwirtschaft wird damit neu definiert – nicht mehr als Leistungsbilanzthema, sondern als Präsenz- und Partizipationsfrage.

Investitionen als Zukunftssicherung

Zugleich braucht es eine klare Industriepolitik: mehr Sichtbarkeit, mehr Kapazität, mehr Risikobereitschaft in den USA. Das betrifft nicht nur Automobilhersteller, sondern auch die sogenannten „Hidden Champions“, die in vielen Branchen Weltspitze sind, aber in Übersee kaum sichtbar auftreten.

Trumps zweite Amtszeit: Keine Verlässlichkeit, aber klare Rahmenbedingungen

Die zweite Amtszeit von Donald Trump wird keine Epoche der Verlässlichkeit. Aber sie zwingt zur strategischen Klarheit. Wer wirtschaftlich bestehen will, braucht mehr als Empörung – er braucht Daten, Präsenz und Souveränität. Friedrich Merz hat ein Signal gesetzt. Hermann Simon liefert das Werkzeug. Nun ist es an der deutschen Wirtschaft, beides zu nutzen.

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