Die nächste Drohne trifft uns nicht digital – sondern real

von Gunnar Sohn
22. Juli 2025

Sabotageakte, Glasfaserspionage, Cyberinfiltrationen: Die Angriffsformen, denen sich Deutschland gegenübersieht, haben sich verändert – nicht nur in der Frequenz, sondern in der Zielrichtung. Es geht nicht mehr um Show, es geht um Wirkung. Mit hybriden und kinetischen Mitteln testen autoritäre Regime die Widerstandskraft unserer Infrastruktur – auch jenseits des digitalen Raums.

Während in Deutschland Sicherheitsbehörden warnen, dass russische Agenten so aggressiv wie lange nicht mehr operieren, geht der neue ukrainische Verteidigungsminister in die Offensive: Er nennt klare Prioritäten – Jagddrohnen, Glasfaser-Drohnen, Robotik, Schläge in die Tiefe über Reichweiten von Artillerie hinaus. Kein politisches Gezeter, sondern technologische Klarheit.

Was heißt das für uns?

Deutschland braucht keine Bekenntnisse mehr, sondern Fähigkeiten. Es genügt nicht, den Ernstfall in Sonntagsreden heraufzubeschwören, wenn gleichzeitig hochsensible Infrastruktur nicht gegen digitale und physische Angriffe geschützt ist. Es genügt nicht, strategische Partnerschaft zu sagen, wenn wir weder beim Know-how-Transfer noch bei der industriellen Umsetzung das Tempo erhöhen.

Die Ukraine produziert im Kriegsmodus – mit innovativen Startups, verteilter Fertigung, beschleunigten Zyklen. Ihre Drohnenprogramme entstehen nicht in langen Ausschreibungsverfahren, sondern in offenen, agilen Netzwerken zwischen Entwicklern, Ingenieuren und der Front. Das ist eine Innovationskultur, die uns nicht nur technologisch, sondern auch mental herausfordert.

Was können wir tun?

  1. Relevanz statt Ressortdenken: Sicherheitstechnologie darf nicht länger in Zuständigkeitsfragen ersticken. Was schützt, muss entwickelt, beschafft und eingesetzt werden – mit klarer Priorisierung.
  2. Testen wie im Krieg: Deutschland braucht Reallabore für militärtechnische Innovation – nicht nur auf Truppenübungsplätzen, sondern als Netzwerk von Forschung, Industrie und Streitkräften.
  3. Open Source meets Operationsplan: Viele der erfolgreichsten ukrainischen Systeme basieren auf Open-Source-Technologie, kombiniert mit operativer Intelligenz. Auch wir müssen lernen, Sicherheit aus der Community zu denken – und nicht nur aus dem Kanzleramt.
  4. Cyber meets Kinetik: Die Grenze zwischen digitalen Angriffen und physischen Zielen verschwimmt. Wer kritische Infrastrukturen absichern will, braucht nicht nur Firewalls, sondern auch physische Redundanz, taktisches Sensorik-Verständnis und verteidigungstaugliche Logistikketten.

Was können wir leisten?

Wir können schneller werden. Wir können mutiger werden. Und wir können kooperativer werden – mit Partnern, die nicht nur Sicherheit fordern, sondern auch liefern. Die Ukraine zeigt: Verteidigung beginnt nicht mit Bürokratie, sondern mit Entscheidung. Und Innovation ist kein Risiko, sondern Voraussetzung für Resilienz.

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