„Deutschland hat in den letzten vier Jahren einen Riesenschritt nach vorn gemacht“, sagt Michael Buck von der Digitalberatung convidera aus Köln im Smarter Service Talk. „Es hat erkannt, dass Kommunikation entscheidend ist und es in dieser Disziplin Weltmeister werden muss.“
Viele Unternehmen akzeptieren jetzt die hohe Bedeutung von Kommunikation in der digitalen Wirtschaft und suchen nach spezifischen Lösungen. Eine Veränderung hin zu mehr Kommunikationen ist allerdings nicht einfach. Sehr viele, vor allem große Unternehmen und Konzerne, besitzen eine extrem hierarchische Organisationsstruktur. Trotzdem beginnen diese Unternehmen nun langsam mit der Veränderung und es vergeht erfahrungsgemäß sehr viel Zeit zwischen der Ankündigung einer Änderung und der eigentlichen Umsetzung.
Hindernisse auf dem Weg zum Kommunikationsweltmeister
Das größte Hindernis auf diesem Weg ist das mittlere Management in den Unternehmen. Es scheut das Risiko, den Aufwand und die Unsicherheit von Veränderungen. Die Erfahrung zeigt, dass sich diese Hürde nicht so ohne weiteres überwinden lässt. Die Widerstände aus dem mittleren Management sorgen dafür, dass sich Veränderungen nicht in der notwendigen Geschwindigkeit umsetzen lassen. Nur sehr wenige Unternehmen haben die Zeit, die Veränderungen organisch umzusetzen, also jeden einzelnen Mitarbeiter im Unternehmen mitzunehmen und an den Veränderungen so zu beteiligen, dass er kein „Widerständler“mehr ist. Aus diesem Grunde haben sehr viele Unternehmen andere Wege eingeschlagen. In der Breite akzeptiert ist der Weg, Inkubatoren oder Acceleratoren aufzubauen und bei innovativen Projekten Ausgründungen aktiv voranzutreiben. Hier können die Unternehmen deutlich schneller zum Ziel kommen und es gibt die Möglichkeit, dieses Unternehmen später wieder in die Mutterfirma zu integrieren.
Geschwindigkeit aufnehmen, besser reinfräsen statt reinschleichen
Den größten Veränderungsdruck hat das Marketing, da hier die gesamte Kommunikation des Unternehmens bewältigt werden muss. Die Marketingfunktion in einem Unternehmen muss deutlich schneller als andere Bereiche reagieren. In der Praxis stellt sich das Marketing den Veränderungen hin zu einer agilen Organisation früher als andere Funktionsbereiche in den Unternehmen. Es ist häufig Vorreiter für die digitale Transformation und wird dadurch zu einem Inkubator für die Veränderung. „Ich denke nicht, dass die digitale Transformation in der Breite anfangen kann“, betont Michael Buck. „Dies würde zu überstarken Widerständen führen und die Entwicklung hemmen. Das Marketing kann hier eine Pilotfunktion übernehmen.
“Allerdings dürfen Unternehmen nicht zu vorsichtig agieren. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass ein „Hineinschleichen“ nicht funktioniert. Da die Zeit angesichts der Marktentwicklung drängt, ist hier eher ein „Reinfräsen“ (Thomas Sattelberger) notwendig. Es ist nicht ausreichend, beispielsweise nur Einzelpersonen oder kleinere Teams aus der normalen Organisation herauszulösen und in agilen Methoden zu schulen. Die Situation für diese Personen ist dann folgende: Sie haben als einzige in der Organisation die Aufgabe, sich zu verändern und auf eine andere Art und Weise zu arbeiten. Das kann nicht funktionieren.
So genannte Inkubator-Modelle haben eine viel höhere Chance, die notwendige Veränderungsgeschwindigkeit zu erreichen. Das Unternehmen muss hierfür zunächst Mitarbeiter identifizieren, die veränderungswillig und digital affin sind oder zumindest bereit sind, einen experimentellen Weg zu gehen. Der Grund ist einfach: Unwillige Mitarbeiter können nicht zu Veränderungen gezwungen werden, die entsprechenden Projekte würden sehr schnell scheitern.
Diese Mitarbeiter werden nun aus der normalen Organisation und dem Tagesgeschäft des Unternehmens herausgenommen. Außerdem sollten sie räumlich oder eventuell sogar geographisch vom eigentlichen Unternehmen getrennt werden. Sie werden nun mit einer Organisation zusammengebracht, die bereits digital und agil ist, beispielsweise eine Digitalberatung. Sie werden durch die Experten sehr intensiv auf digitale Prozesse vorbereitet. Dadurch erhalten die Mitarbeiter den Freiraum, sich zu entwickeln, etwas Neues zu lernen und digitales Know-how zu bekommen.
Digitale Brutstätten außerhalb der eigenen vier Wände
Unternehmen im gehobenen Mittelstand haben häufig fantastische Produkte und Services („Hidden Champions“) und für den Mitarbeiter viele Vorteile. So geht die Führung dieser Unternehmen oft sehr verantwortlich und wertschätzend mit ihren Mitarbeitern um. Sie haben allerdings auch einige entscheidende Nachteile.
Ein Manko ist der Standort. Sie befinden sich oft an Orten, in denen eine digital affine Nachwuchskraft nicht unbedingt arbeiten möchte. Ein weiteres Handicap liegt in der Traditionen dieser Unternehmen. Sie besitzen eine in Jahrzehnten stark eingeschliffene Vorgehensweise. Führungskräfte und Mitarbeiter erwarten, auch die zukünftigen Herausforderungen mit genau dieser Herangehensweise bewältigen zu können.
Hier ist das Inkubator-Modell besonders empfehlenswert. Ziel sollte es dabei sein, dass die geschulten Mitarbeiter das restliche Personal des Unternehmens mitnehmen können. Alternativ kann der Inkubator auch zu einer Parallelorganisation werden, die neue und andere Geschäftsmodelle verwirklicht.
Ein Campus für Unternehmen in der digitalen Transformation
Für einen Inkubator ist eine räumliche Trennung zwar sinnvoll, es ist aber ratsam, Unternehmen voneinander lernen zu lassen. Aus diesem Grunde hat die Digitalberatung convidera in Köln einen eigenen Campus aufgebaut, der im Moment zwei Unternehmen beherbergt, die an digitalen Geschäftsmodellen arbeiten. „Dadurch arbeiten die Unternehmen nicht isoliert“, berichtet Michael Buck. „Sie stehen im ständigen Austausch mit unseren Experten und können – unter Berücksichtigung von Datenschutz und Firmengeheimnissen – auch von den Erfahrungen anderer Unternehmen profitieren, die in denselben Veränderungsprozessen stecken.“ Dieses Modell ist ein zukunftsfähiges Modell vor allem für mittelgroße Unternehmen, die anders geringere finanzielle und organisatorische Möglichkeiten haben. Diese Unternehmen erhalten dadurch eine gute Möglichkeit, sich schnell weiterzuentwickeln.
Eine Pilgerfahrt ins Silicon Valley reicht nicht
Die Geschwindigkeit der Weiterentwicklung ist entscheidend. Diese Nachricht ist auch in den großen Konzernen angekommen wie beispielsweise bei der Daimler AG. Die Ankündigung des Vorstandsvorsitzenden Dieter Zetsche, in absehbarer Zeit etwa zehn bis 20 Prozent der Mitarbeiter in eine agile „Schwarmorganisation“ zu überführen, beschreibt einen notwendigen Weg, den die Unternehmen gehen müssen. „Dieser Wandel wird aber mindestens ein, wenn nicht zwei Jahrzehnte dauern,“ betont Michael Buck. „Die Daimler AG wird wissen, dass ergänzend hierzu Inkubatoren weiterhin notwendig sind.“
Gerade erfolgreiche Unternehmen, denen es im Moment wirtschaftlich sehr gut geht, haben dadurch die einmalige Chance, sich ohne eine aktuelle Krise verändern zu können. Dieses Zeitfenster wird sich für viele Unternehmen und Branchen in wenigen Jahren schließen. „Die Initiative von Dieter Zetsche setzt ein Zeichen“, sagt Michael Buck. „Jemand muss vorangehen, damit die anderen folgen können. Auch Karl Neumann, der Vorstandsvorsitzende von Opel Deutschland, profiliert sich als digitaler Vorreiter. Es sind aber leider viel zu wenige Vorstände, die in dieser Hinsicht ein echtes Vorbild sind.“
Zwar ist es in den letzten Jahren Mode geworden, einen Chief Digital Officer (CDO) zu ernennen, aber es ist unklar, was tatsächlich in den Unternehmen passiert. Es gibt außerdem nur wenige Organisationsstrukturen, die darauf hinweisen, dass sich die Großunternehmen intensiv mit dem Thema Digitalisierung auseinandergesetzt haben. „In den USA gibt es tatsächlich Unternehmen, die sich radikal verändern“, sagt Buck. „Was deutsche Unternehmen machen, geht noch lange nicht weit genug. Es sollten sich mehr Firmen trauen, Inkubator-Modelle auszuprobieren und sich auf den Weg zu machen. Eine Pilgerfahrt nach Silicon Valley reicht nicht.“
Als CEO der convidera GmbH geht Michael Buck mit Unternehmen und Unternehmens-Lenkern als strategischer Begleiter den Weg ins vernetzte, digitale Zeitalter. In höchst spannender Zusammenarbeit mit weltweit führenden Köpfen aus Wirtschaft und Wissenschaft ist sein Ziel die organisatorische Weiterentwicklung einer modernen Unternehmensführung seiner Auftraggeber. Vor convidera arbeitete Michael Buck in weltweiten Management Rollen bei Dell und Hewlett- Packard. Er ist ausgewiesener Experte für globales Unternehmens- Management, eCommerce, Online Marketing und Social Media.