Daten und Menschen in Einklang bringen

von Bernhard Steimel
19. März 2018
Daten und Menschen in Einklang bringen

Ein Auszug aus dem neuen Praxisleitfaden „Internet der Dinge“, der kostenlos zum Download zur Verfügung steht.


Ein datenbasierter Smart Service ist immer in ein komplexes System eingebettet. Diese Systeme sind zum Teil relativ neu und erst durch die Digitalisierung entstanden. Zum Beispiel der Finanzsektor: Bis vor wenigen Jahren fanden sämtliche Interaktionen zwischen Kunde und Bank in einer Filiale statt. Heutzutage ist dieses System komplexer, da die Kunden digitale Dienste wie Online-, Mobile- und Social Banking benutzen, gleichzeitig aber auch noch die Filialen besuchen.

Blue Yonder Predictive Analytics – Bessere Aussichten mit Big Data

Für ein Handelsunternehmen hat Blue Yonder den Werbemittelversand mit Hilfe von Big Data optimiert. Dabei analysiert der Dienstleister die kundenindividuelle Kaufhistorie der letzten fünf Jahre und prognostiziert mithilfe eines Algorithmus die Kaufwahrscheinlichkeit und Warenkorbgröße auf Kundenebene mit und ohne Werbemittel. Das Handelsunternehmen verschickt alle zwei Wochen Prospekte an bis zu eine Million Kunden. Die Steuerung des Katalogversands ist kostenintensiv und personell sehr aufwendig, da die Kundenselektion manuell ausgeführt wird. Durch den Einsatz von Customer Targeting werden die Entscheidungen zur Kundenselektion verbessert und automatisiert.

Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. Alexander Mädche am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beschäftigt sich damit, diese Gesamtsysteme unter Berücksichtigung sozialer Aspekte und der Potenziale der Technologie zu gestalten. Dabei steht nicht eine rein technische Vorgehensweise im Vordergrund, sondern das Gesamtsystem wird sozio-technisch betrachtet. Ein wesentliches Merkmal dieser Systeme ist die dynamische Weiterentwicklung, die sich insbesondere im Thema der nutzerzentrierten Gestaltung widerspiegelt.

Bei den Herstellern von Software und Hardware ist in den letzten zehn Jahren agile Entwicklung in den Vordergrund gerückt. Agilität hat den Zweck, sich dynamisch den Rahmenbedingungen anzupassen und kontinuierlich den Kunden einzubeziehen, um einen Mehrwert zu produzieren. Agilität reicht nicht aus, um eine nutzerzentrierte Lösung zu schaffen, die gleichzeitig hohe Usability erzeugt und eine positive User Experience ermöglicht. Notwendig sind Design-Techniken wie Personas, Prototyping und verschiedene Methoden der Nutzerforschung, etwa kontextuelle Interviews. Diese Methoden gilt es in den Entwicklungsprozess von digitalen Dienstleistungen systematisch einzubetten.

„Diese Methoden sind mittlerweile relativ gut erforscht, aber leider nicht jedem bekannt. Es ist auch nicht ganz einfach, sie zum richtigen Zeitpunkt zur Anwendung zu bringen.“ (Prof. Dr. Alexander Mädche, Karlsruher Institut für Technologie im Smarter Service Talk)

Aus diesem Grunde hat sich die KIT-Forschungsgruppe entschieden, die entsprechenden Methoden bereits Studenten in einem Praxisseminar zu vermitteln.

Practical Seminar for Digital Services Design

Für jedes dieser Seminare gibt es ein Unternehmen als Kooperationspartner, das eine „Challenge“ für das Seminar definiert. Anschließend machen die Studenten während eines Semesters User Research und entwickeln einen ersten lauffähigen Prototypen, zum Beispiel unter Verwendung von Platform-as-a-Service-Lösungen, in diesem Fall die SAP HANA Cloud Platform.

Für die Commerzbank und Vodafone haben die Studenten des KIT kürzlich einen Challenge zur Akzeptanz von Mobile Payment realisiert. In Deutschland ist diese Zahlungsmethode nicht so weit verbreitet wie in anderen Ländern. Die Frage war: Was müssen Banken und Handel unternehmen, um die Akzeptanz von Mobile Payment zu verbessern?

Das Seminar hat problemgetrieben gearbeitet und einen Lösungsraum geöffnet. Anschließend hat es dann Prototypen entwickelt, um zu sehen, welche Maßnahmen möglich sind. Es hat festgestellt, dass die Hürden beim Mobile Payment trotz Security- und Kryptografie-Anforderungen eher nicht technischer Natur sind. Die eigentliche Herausforderung ist nicht das „Wie“, sondern das „Was“ und „Wozu“. Das Seminar versucht, den Studenten einen wichtigen Aspekt nahezubringen: Nur Innovationen und viele Ideen zu erzeugen, diese aber nicht umzusetzen, ist nutzlos. Ein Innovationsteam muss es schaffen, das Thema Nutzer- und Kundenzentrierung kontinuierlich von der Innovation bis zur agilen Umsetzung zu leben. Dieser Prozess beginnt mit einem Bedürfnis, anschließend werden verschiedene Alternativen entwickelt, die dann experimentell validiert werden müssen. Ab einer bestimmten Ergebnismenge muss ein iterativer, inkrementeller und agiler Prozess starten, der mit der Nutzerzentrierung angereichert ist.

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