Dialog ist einfach besser – Dialog ist besser einfach

von Harald Henn
29. März 2018
Dialog ist einfach besser – Dialog ist besser einfach

Jede Customer-Service-Organisation steht vor der Herausforderung im digitalen Zeitalter möglichst effektiv mit ihren Kunden über alle relevanten Kanäle hinweg zu kommunizieren. Dabei müssen ständig neue Kanäle in bestehende Architekturen und Angebote integriert werden. Im Idealfall sieht das Kundenerlebnis so aus, dass es dem Kunden unter Beibehaltung des Kontextes erlaubt, im Kanal seiner Wahl zu interagieren. Im Zeitalter des Kunden wird die Kommunikation mit ihm schlichtweg zu einer Überlebensfrage. Die Macht hat sich weg von den Unternehmen hin zu digital affinen, technologiegestützten Kunden verlagert, die nun über Markterfolge von Unternehmen entscheidet.

Aber nicht nur die Kommunikationstechnologie hat sich weiterentwickelt hat, entscheidende Veränderungen zeigen sich vor allem auch in der Art und Weise wie Kunden kommunizieren – nicht nur untereinander, sondern auch mit Unternehmen. Dabei verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen dem, was die Konsumenten in ihren persönlichen Kommunikationserfahrungen erwarten und dem, was sie von ihren Dialogen mit Unternehmen erwarten.

„Märkte sind Gespräche“, lautet einer der Glaubenssätze aus dem Cluetrain-Manifest aus dem Jahr 2000. Diese Erwartung der Kunden gegenüber Unternehmen, Gespräche so zu führen wie man sich mit Kollegen, Freunden oder der Familie unterhält, wird nun immer häufiger zu einer immer selbstverständlich werdenden Forderung.

Dialog ist einfach besser – Dialog ist besser einfach

Von der Customer Service Transaktion zum Dialog

Groß geworden sind Customer-Service-Organisationen mit dem Kanal Telefon als der primären Art der Kommunikation. Zwei Personen, die sich über das öffentliche Telefonnetz verbinden, konnten in Echtzeit miteinander kommunizieren. Der Anruf zielte in erster Linie darauf ab, ein bestehendes Problem zu lösen, eine Frage zu klären oder sich zu beschweren.

Der Anruf im Call Center wurde zu einem Transportvehikel für Transaktionen. Der Kunde schildert sein Problem, das Unternehmen sucht nach einer Lösung und löst das Problem oder beantwortet die Frage. Damit ist die Transaktion abgeschlossen. Großes Manko: Der Telefonanruf – auch wenn er möglicherweise dazu diente, das Problem des Kunden in einer bestimmten Instanz zu lösen – vermittelt jedoch nicht von Natur aus den wichtigen Kontext der Kundenanfrage: Der Kunde muss die Details zur Lösung des Problems – z.B. seine Kundennummer, die Teilenummer des defekten Gerätes, das Datum des Kontoauszuges etc. – angeben, damit der Mitarbeiter im Customer Service die richtige Lösung finden kann. Ist das Problem gelöst, bedeutet dies nicht automatisch, dass der Kontext automatisch auf einen Folgeanruf desselben Kunden übertragen wird, wenn der Kunde weitere Unterstützung benötigt.

Das Telefon, bzw. der Anruf vermittelt nicht zwangsläufig den wichtigen Kontext der Kundenanfrage. Auch nicht dann, wenn der Agent, der den ersten Anruf bearbeitet hat, sich dazu Notizen gemacht und diese in der Kontakthistorie des Kunden im CRM-System gespeichert hat. Der nächste Agent, der den Folgeanruf bearbeitet, ist auf die Genauigkeit und Vollständigkeit der Notizen seines Kollegen angewiesen. In aller Regel ist nicht davon auszugehen, dass Mitarbeiter genügend Informationen und Daten in den Systemen eingeben, damit ein Mitarbeiter in einem Folgeanruf die Problemgeschichte des Kunden schnell erfassen kann, während er mit dem Kunden spricht. Schon alleine deshalb nicht, weil die Verantwortlichen im Customer Service zu sehr auf effiziente Abwicklung anstatt auf Dialoge ausgerichtet sind.

Die Audiodatei des ersten Anrufs – eine komplette Aufzeichnung der Interaktion – wird in aller Regel nicht gespeichert, selbst wenn dies aus rechtlichen Gründen gestattet wäre. Auch andere Daten und Informationen aus Dialogen in relevanten Kontexten, die in einem anderen Kanal, wie z.B. E-Mail oder Chat, geteilt wurden, werden oft nicht gespeichert. Die Kommunikation erfolgt oft kanalweise, ohne Verbindung der Kanalinformation zu einem einzelnen Kunden.

Messenger und Customer Service: Dialoge unter Freunden

Das stürmische Wachstum von Instant-Messaging-Anwendungen wie Facebook Messenger, WhatsApp oder WeChat in China hat die Art der Interaktion von Menschen verändert. Im Gegensatz zur synchronen Natur des traditionellen Telefonats sind Messaging-Anwendungen asynchron, bidirektional und von Natur aus inklusiv, so dass mehrere Teilnehmer an einer Konversation teilnehmen können. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch in der Tatsache, dass die Gesprächshistorie für alle Beteiligten jederzeit zugänglich und präsent ist.

Im Gegensatz zu einer Aneinanderreihung von transaktionsorientierten Telefongesprächen, die irgendwann in der Vergangenheit begann und endete, öffnen Instant Messenger die Tür zu einem Dialog, einem Kontinuum von Interaktionen zwischen Unternehmen und Kunden. Und damit spiegeln diese Dialoge die natürliche Kommunikation wider, die die Menschen untereinander haben. Menschliche Gespräche z.B. unter Freunden beginnen und enden nicht bei jeder Interaktion von neuem, sondern tragen den Kontext früherer Gespräche mit sich. Genau diese Möglichkeit einer Kommunikation, eines Dialoges zwischen Freunden, zwischen Unternehmen und Kunden wird mit Instant Messaging wieder möglich. Wenn man z.B. einen langjährigen Freund anruft, bespricht man nicht nur das aktuelle Thema – z.B. die bevorstehende Geburtstagsfeier – sondern unweigerlich auch über gemeinsame Erlebnisse in der Vergangenheit, was jeder für Pläne hat, was ihm widerfahren ist. Gemeinsame Erinnerungen sind ein wichtiger Bestandteil für die Fortführung des Dialogs in der Zukunft. Sie sind ein sozialer Klebstoff, der übersetzt in die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunde in eine loyale, langfristige Partnerschaft münden kann.

Dialoge sind einfach besser

Immer häufiger erwarten die Kunden, dass sie die gleiche Art von fließenden Gesprächen mit Unternehmen führen. Sie erwarten von den Customer-Service-Abteilungen, den Mitarbeitern im Call Center, dass diese ihre Vorlieben, Affinitäten und ihre Geschichte kennen – ganz unabhängig davon, auf welchem Kanal der Dialog geführt wurde. Dies bedeutet, dass
die Unternehmen ihre Kommunikation mit den Kunden nicht mehr als eine Reihe zweckgerichteter, effizienzorientierter Transaktionen betrachten können. Und dass diese Transaktionen, selbst wenn eine individuelle Auswertung dieser Gespräche in der Mehrheit positiv bewertet wurden und der Kunde mit den Ergebnissen dieser Interaktionen zufrieden ist, ein Indiz für eine loyale, langfristige Freundschaft ist.

Instant Messaging und die damit verbundenen Erwartungen und Erfahrungen haben die Kommunikationslandschaft verändert. Die Verbraucher sind nicht mehr auf das Telefone, das E-Mail angewiesen, um Kunden und Unternehmen miteinander zu verbinden, sondern können über Messaging Peer-to-Peer-Verbindungen aufbauen, die die Beziehung Kunde-Unternehmen vollständig umgehen. Und Instant Messaging kann in eine App, ein System oder einen Service-Dienst eingebettet werden, wobei der Kontext, in dem es verwendet wird, genutzt wird. Und dies alles in einer Art und Weise, die den Anforderungen an Dialoge zwischen Freunden sehr nahe kommt.

Dialog ist einfach besser – Dialog ist besser einfach

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Diese Weiterentwicklung der Kommunikation – eine Rückbesinnung auf Dialoge zwischen Freunden – stellt eine großartige Gelegenheit für Unternehmen dar, außergewöhnliche Kundenerlebnisse zu liefern. Durch die Einbettung von Messaging in mobile Apps und Webauftritte, können Unternehmen ihre Kunden einladen, direkt auf dem von den Kunden bevorzugten Kanal mit ihnen ins Gespräch zu kommen und einmal begonnene Gespräche wie Freunde fortzuführen.

Dabei spielen WhatsApp oder Facebook Messenger eine besondere Rolle, da sie schon fast zur Standardausrüstung auf jedem Smartphone gehören. Die Erfahrungen von Kunden können um ein Vielfaches besser werden, wenn die Antworten auf eine Anfrage nicht nur ein nahtloser In-App-Austausch sind, sondern auch durch den Kontext aller vorherigen Interaktionen gespeist werden. Erfahrungen, die weit über die bloße Kosteneinsparung beim Kunden hinausgehen, der nun nicht bei jedem Gespräch Kundennummer etc. wiederholen muss. Das Einbinden zusätzlicher Kontextinformationen in das Gespräch, die der Kunde nicht erwartet, wird die ständig wachsenden Erwartungen übertreffen.

WhatsApp und Co: Dialoge sind besser einfach

Nun zum zweiten Teil unseres Wortspiels: Dialoge sind besser einfach. Komplizierte Menüführungen, zeitraubende Prozesse, Kanalbrüche sind der zweite Teil der Grundlage für dauerhafte, loyale Kundenbeziehungen. Ein Dialog kann noch so gut geführt werden, auf Kontext basieren, wertschätzend und individuell gestaltet sein. Wer einem Kunden die Zeit stiehlt, ihn irritiert kann alles wieder mit einem Schlag zunichte machen. Und auch hier müssen wir uns wieder mit Instant Messaging Diensten auseinander setzen.

Dazu ein kurzer Ausflug nach Indien: Fast die Hälfte der 430 Millionen Internetnutzer in Indien nutzen WhatsApp. Vom führenden Online-Ticketing-Portal BookMyShow über die Reisebuchungs-Website Goibibo bis hin zum Offline-Luxusuhrenhändler Ethos – mehrere Unternehmen nutzen den Facebook-eigenen Messaging-Service, um mit alten und neuen Kunden in Kontakt zu treten. Neben Zwei-Wege-Gesprächen über die App nutzen sie künstliche Intelligenz (KI), Datenanalyse und Spracherkennungstechnologie, um WhatsApp als neuen Vertriebs- und Marketingkanal zu optimieren.

Auch das chinesische Pendant zu WhatsApp, WeChat, verfolgt eine vergleichbare Strategie: Eine App mit der man alles erledigen kann ohne Kanäle, Systeme wechseln zu müssen.

Dialog ist einfach besser – Dialog ist besser einfach

WeChat Ökosystem

Wer sich das WeChat-Ökosystem einmal anschaut, stellt fest, dass von Bankgeschäften, über Buchungen, Bestellungen sehr viele Dinge des täglichen Lebens mit einer einzigen App abgedeckt werden. WhatsApp oder WeChat bieten den Kunden Convenience und enorme Funktionsvielfalt in einem System. Jeder weiß, wie man die App benutzt, Kontext und Historie sind gegeben, der Wechsel von einem zum anderen System entfällt. Zudem sind WhatsApp und WeChat zugleich der Ort, an dem viele persönliche Dialoge mit Freunden und der Familie stattfinden. WhatsApp und Co. sind nicht nur schnörkellos sondern zudem kostenlos und bieten integrierte Anruffunktion, Videochat, das Anhängen von Dateien usw.

Wer das Interface besitzt, besitzt den Kunden

Die Strategie von Facebook oder tencent, dem Anbieter von WeChat, ist klar: Je unverzichtbarer WhatsApp oder WeChat für den Kunden werden, desto mehr erobern sich diese Anbieter eine monopolähnliche Stellung im Markt. Niemand kennt die Kunden besser, als derjenige, über dessen Plattform viele Kundendialoge, Bestellungen etc. laufen. Neben WhatsApp oder WeChat könnte sich aber noch ein zweites Interface aufmachen, die Schnittstelle zwischen Kunde und Unternehmen umzukrempeln: Sprache.

Spätestens seit der Einführung des Sprachdienstes SIRI durch Apple erleben Sprachsysteme ein Comeback. Sprache als universelles Eingabemedium hat – analog zur Texteingabe bei WhatsApp – das Potential, den Kundenwunsch nach „ein Werkzeug für Alles“ zu erfüllen. Ein gutes Beispiel dafür ist Alexa von Amazon. Im Sturm hat Alexa hat die Wohnzimmer vieler Kunden erobert. Einige Millionen Geräte sind mittlerweile verkauft. Auch wenn die Möglichkeiten noch eingeschränkt sind, zeichnet sich dennoch das Potential mehr als deutlich am Horizont ab. Mit jedem Unternehmen, das Skills für Alexa entwickelt und weiter ausbaut, wächst die Marktstellung von Alexa.

Spracheingabe und Instant Messenger sind die beiden neuen Stars am Schnittstellen- und User-Interface-Himmel. Und beide besitzen das Potential die Art und Weise wie wir kommunizieren gehörig durcheinander zu wirbeln.

Dialog ist einfach besser – Dialog ist besser einfach

Alexa Service der Volksbank Ortenau

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