Qualitätsmanagement im Kundenservice

von Harald Henn
2. November 2015
Qualitätsmanagement im Kundenservice

Qualität bzw. Qualitätsmanagement haben in den letzten Jahren eine immer größere Bedeutung für den Kundenservice erlangt. Der Begriff „Qualität“ wird allerdings in der Praxis sehr unterschiedlich ausgelegt. Deshalb zunächst eine Begriffsbestimmung.

Qualität:

  • repräsentiert eine Menge von Eigenschaften, die einem Produkt oder einer Dienstleistung zugehörig ist
  • ist einer der Maßstäbe, mit dem der Kunde seine Kaufentscheidung herbeiführt
  • ist ein Faktor, der in intensiver Wechselwirkung mit der Wettbewerbssituation und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens steht

Damit ergeben sich die folgenden Grundsätze:

  • Qualität ist nichts absolutes. Es ist immer die Beschaffenheit einer Einheit in Bezug auf gegebene Erfordernisse und vorgegebene Forderungen.
  • Qualität ist keine physikalische Größe, sie ist also nicht messbar. Messbar ist einzig und allein der Grad der Erfüllung von Einzelforderungen.
  • Qualität ist kein bivalenter Begriff. Man kann also einer Einheit (z.B. Produkt oder Beratungsleistung) nicht das Vorhandensein bzw. Fehlen von Qualität attestieren.
  • Qualität lässt sich auch als Ausmaß der Anpassung des Ergebnisses einer Aktivität an die vorgegebenen Anforderungen interpretieren.

Aus dieser einführenden Beschreibung lassen sich bereits einige der Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines Qualitätsmanagementsystems im Kundenservice erahnen. Während man bei Produkten wie Olivenöl oder Waschmaschinen z.B. auf Ergebnisse der Stiftung Warentest als Qualitätsurteil zurückgreifen kann, fällt dies bei einer Dienstleistung schwer.

Qualität wird subjektiv wahrgenommen und ist für Kundenservice-Verantwortliche ein sich ständig wandelndes Gebilde. In den Anfangszeiten des Kundenservices – insbesondere in Call Centern – wurde das Gespräch als das zu beobachtende „Produkt“ in den Mittelpunkt der Qualitätsinitiativen gerückt.

Um dieses Produkt messen zu können, wurden Coaches und Teamleiter ausgebildet, die – über das Mithören von Gesprächen („side by side coaching“ oder „silent monitoring“) – die Qualität eines Kundengesprächs nach festgelegten Kriterien wie namentliche Ansprache, Freundlichkeit oder verbindlicher Gesprächsabschluss beurteilen und notwendige Korrekturmaßnahmen ergreifen sollten. Daneben wurden weitere operative Kenngrößen wie Service Level, Erreichbarkeit oder Fallabschlussquote zur Beurteilung herangezogen.

So zahlreich die heutigen Instrumente des Qualitätsmanagements auch sein mögen, die Mehrheit deckt nur einen Teil der operativen Kundenservice-Organisation bzw. der Wertschöpfungskette ab. Die Messung bezieht sich immer auf den aktuellen Dialog mit dem Kunden. Die Vorerfahrung des Kunden mit dem Service, die aufgewandte Zeit für das Suchen von Informationen etc. fließen häufig nicht in die Qualitätsbeurteilung ein.

Qualitätsmanagement im Kundenservice

Doch schon lange vor dem eigentlichen Dialog mit dem Kundenservice bilden sich Kunden erste Urteile über die Qualität eines Services. Die folgende Grafik zeigt die wesentlichen Einflussgrößen auf die Beurteilung der Qualität:

Qualitätsmanagement im Kundenservice

Für ein ganzheitliches Qualitätsmanagement im Kundenservice sind alle in der Grafik dargestellten Einflussgrössen zu berücksichtigen. Das heißt, der Ansatz zur Qualitätsoptimierung im Kundenservice muss weit vor dem eigentlichen Kontakt im Call Center ansetzen. Dazu zählen z.B. die Synchronisierung der Prozesse über alle Kanäle und Medien hinweg und die Minimierung des Zeitaufwandes für das Suchen und Finden relevanter Informationen.

Einfachheit – Simplicity – wird zu einem bestimmenden Faktor aus Sicht der Kunden. Siehe dazu auch: Erfolgsfaktor Simplicity: Warum Kundenservices einfach sein müssen.

Aus der Kundenerfahrung im Vorfeld und dem Kundendialog ergibt sich ein gesamtheitlicher Ansatz für das Qualitätsmanagement im Kundenservice.

Qualitätsmanagement im Kundenservice

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich viele Methoden und Instrumente zur Qualitätssicherung – wie Monitoring, Coaching, Mystery Calls, Kundenbefragungen oder Benchmarking des Marktumfelds – zu sehr auf den Kundendialog fokussieren. Dieser Aspekt ist zwar für den Kundenservice höchst relevant, der Gesamterfolg hängt jedoch von erheblich mehr Faktoren ab. Um alle Aspekte zu berücksichtigen, die zum geschäftlichen Erfolg beitragen, bedarf es eines gesamtunternehmensbezogenen Qualitätsmanagements, eines Total Quality Managements.

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