Mit Digitalisierung aus der Multikrise

von Bernhard Steimel
16. Mai 2023

Unternehmen müssen eine Antwort auf die Multikrise finden. Digitalisierung leistet dabei einen wichtigen Beitrag. Sie macht die Unternehmen nachhaltiger, resilienter und effektiver. Die Stoßrichtungen für die Transformation leiten sich aus den wichtigsten Zielsetzungen im Management der Unternehmen ab.

Der Inhalt dieses Beitrags:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem „Trendbook Kompass für die Multikrise“. Einen Überblick über das Trendbook gibt dieser Artikel. Sie können es außerdem direkt kostenlos herunterladen.

Adaptive Strategien für die Multikrise: Der richtige Trimm entscheidet

Adaptive Strategien für die Multikrise

Zur Bewältigung der Krisenphänomene entscheiden sich immer mehr Unternehmen für einen Mix aus drei Strategien:

  • Umsatz und Gewinnstabilisierung sind für etwa vier von zehn Unternehmen (39 %) ein wichtiges Ziel. Fast ebenso viele (34 %) wollen innovative Preismodelle einführen, um der Inflation zu begegnen. Der Einsatz digitaler Technologien kann helfen, die Effektivität der betrieblichen Abläufe und damit Operational Excellence zu steigern. (Quelle)
  • Die zweite wichtige Zielsetzung ist die Investition in Produktentwicklung und innovative Unternehmen, um das bestehende Portfolio zu erweitern, neue Talente zu gewinnen oder neue Plattformen zu schaffen (35 %). Dahinter steht die Erkenntnis, dass digitale Produkte & Services ein Wachstumstreiber für mehr Resilienz in der Multikrise sind. Strategien wie die Digitale Diversifikation erfordern Mut, zahlen sich bei konsequenter Umsetzung jedoch aus. (Quelle)
  • Die dritte und immer bedeutender werdende Zielsetzung ist Nachhaltigkeit. Bei drei von zehn Unternehmen (30 %) wird sie zum unternehmerischen Zielbild und zukünftigen Kernaspekt der Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen. (Quelle)

Die Konsequenz: Unternehmen müssen in drei Stoßrichtungen aktiv werden: Nachhaltigkeit, Resilienz und Operational Excellence. Wichtig: Diese Ziele schließen einander nicht aus. Es geht hierbei weder darum, dass sich Unternehmen nur auf einem dieser drei Vektoren positionieren, noch dass sie alle drei Vektoren mit gleicher Intensität verfolgen. Vielmehr müssen sie den richtigen „Trimm“ für ihr Unternehmen finden – der Mix ist entscheidend.

3 von 4 Unternehmen nutzen digitale Technologien der Prozessautomatisierung für mehr Operational Excellence.

Quelle: Robotic Process Automation

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Beidhändig fahren: Operational Excellence und Digital Experience

Beidhändigkeit bedeutet: Zwei wichtige Ziele gleichzeitig und ausbalanciert verfolgen. Diese Strategie wird oft auch als Ambidextrie bezeichnet. In der Multikrise sind Operational Excellence und digitale Customer Experience wichtig. Beides hilft beim Schutz des Bestandsgeschäfts, eine Priorität für viele Unternehmen.

Zunächst müssen Unternehmen die Kundenbindung sichern, denn sie dämpft die Auswirkungen der Krise. Kundenzentrierung bedeutet erstens, den Nutzwert der Produkte oder Dienstleistungen zu steigern und zweitens, Barrieren in der Customer Journey zu entfernen. Der Lohn: Loyale Käufer, die mehr Umsatz erzeugen und weitere Interessenten anziehen.

Verbesserung der Operational Experience ist der Fokus von Brömmelhaupt, einem Fachgroßhändler für Consumer Electronics. Das Unternehmen hat früher das Internet bekämpft, statt es zu nutzen. Doch inzwischen ist der Geschäftsführung klar: „Wir wollen im Kopf ein Jahrhundert überspringen.” So nutzt es nicht nur ERP und digitale Lagerlogistik, sondern hat auch den Webshop kontinuierlich weiterentwickelt und ein Kompetenzteam für (Online-)Kundensupport aufgebaut.

Digitale Technologien stärken die Customer Experience. Mit Customer Journey Mapping und Data Analytics lassen sich Kundenkontaktpunkte entlang der Kundenreise verbessern. Digital First stärkt die digitalen Vermarktungsfähigkeiten im B2B-Sales. Selfservice verbreitert die Vertriebsfläche, beschleunigt Transaktionen und lässt mehr Zeit für Beratung und Service. Mit smarten Services lassen sich neue Wertschöpfungsquellen erschließen und neue Wettbewerbsvorteile gewinnen.

75 Prozent der B2B-Verkäufer haben Kunden, die digitale Kanäle nutzen.

Quelle: Digitale Trends 2023

Bei der Digitalisierung konzentrieren sich fortgeschrittene Unternehmen auf Prozesseffizienz. Sie richten ihre Betriebsmodelle neu aus und bewirken eine Ende-zu- Ende-Digitalisierung der Wertschöpfung bis hin zur Neugestaltung von Lieferketten. Die Digitalisierungsstrategie ist hier an Effizienzkriterien ausgerichtet und legt den Schwerpunkt auf Automatisierung und Prozessdigitalisierung. Dieser klare Fokus bewirkt eine Beschleunigung, dennoch darf die Customer Experience unter keinen Umständen vernachlässigt werden.

Kundenportal für digitale Services
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Der Maschinenbauer Krones, ein Spezialist für Abfüllanlagen in der Getränkeindustrie, besitzt mit Krones World ein umfassendes Kundenportal, das den Zugang zu allen digitalen Services erlaubt. Die Customer Journey ist ganzheitlich digitalisiert. Parallel dazu hat sich Krones auch im Inneren transformiert. Die wichtigste Erkenntnis war, dass mit der Digitalisierung die unterschiedlichen Prozesse über verschiedene Verantwortungsbereiche vernetzt werden müssen. Anders lässt sich die notwendige Beschleunigung nicht erreichen.

Resilienz macht Unternehmen fit für die neue Geoökonomie

Resilienz gegen die geopolitische Risiken steht ganz oben auf der Agenda der Unternehmen. Im Moment bereiten sich viele Führungskräfte auf wirtschaftliche Schwierigkeiten vor und wappnen ihre Unternehmen gegen Risiken. Neben finanziellen Instrumenten ist hier vor allen Dingen die weitere Digitalisierung gefragt.

Unternehmen benötigen Resilienz auf allen Ebenen: beim Geschäftsmodell, in der Organisation, im Betrieb und bei der Technologie. Besonders wichtig hierbei: Die Lebensdauer von erfolgreichen Geschäftsmodellen sinkt. So sind im Zeitraum 2000-2021 gut die Hälfte der anfangs dort gelisteten Unternehmen aus der globalen Top 500 verschwunden.

Um ihre Märkte zu erhalten, müssen Unternehmen eine Vielzahl an Risiken im Blick behalten und dort Resilienz aufbauen. So haben Gefahren für die Geschäftsmodelle oft eher langfristige Auswirkungen. Auf der anderen Seite kann der ultraschnelle Informationsaustausch in sozialen Medien dazu führen, dass sich ein Unternehmen praktisch über Nacht einem enormen Reputationsrisiko ausgesetzt sieht – glaubwürdige „Fake News“ reichen eigentlich schon. Auch technologische Risiken wie beispielsweise Cyberangriffe erfordern ständige Aufmerksamkeit.

Mehr Resilienz mit digitaler Fabrik
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Der Sensorhersteller Fraba hat sein handwerkliches Geschäft in ein digitales Geschäftsmodell umgewandelt. In einer digitalen Fabrik nutzt das Unternehmen Mass Customisation und Losgröße Eins, um individuelle elektronische Komponenten zu entwickeln. Er erreichte das mit einer flachen Hierarchie, komplett digitalisierten Prozessen, einem flexiblem Büro-Konzept mit viel Homeoffice und großen  Entscheidungsfreiräumen für Mitarbeitende.

Die beste Maßnahme gegen Krisen ist der Aufbau von neuen Geschäftsfeldern. Von allen Unternehmen, die während der Corona-Pandemie diese Strategie wählten, konnte jedes dritte ein Einnahmeverlust vermeiden. Neue Produkte und Betriebsmodelle tragen dazu bei, Unternehmen gegen Inflation, Lieferkettenprobleme und niedriges Wirtschaftswachstum zu schützen. Experten schätzen, dass in fünf Jahren die Hälfte aller Umsätze in der Wirtschaft aus neuen Produkten und Services stammen werden. Quelle

9 von 10 digitale Vorreiter setzen auf Lean-Methoden, um auf plötzliche Marktveränderungen zu reagieren.

Quelle: Die Resilienzmeister. Erfolgsformel der digitalen Vorreiter im Mittelstand

Nachhaltigkeit wird zum Leitbild

Nachhaltigkeit als umfassendes Leitbild geht über effektives Ressourcenmanagement hinaus. Die Transformationsziele werden durch neue, digitale Geschäftsmodelle erreicht. Digitalisierung spielt dabei eine große Rolle. Sie steigert die Effizienz der Unternehmen und ermöglicht die nachhaltige Kreislaufwirtschaft.

Negative Wirkung verringern: Digitalisierung beschleunigt die Dekarbonisierung. In den meisten Unternehmen sind große CO2-Einsparungen mit nur wenig Aufwand möglich: Einige Tage Homeoffice pro Woche, der Verzicht auf (internationale) Dienstreisen oder die Einführung von Elektromobilität und smartem Flottenmanagement, besonders in der Logistikbranche. 

Dabei dürfen allerdings die unerwünschten Nebenwirkungen der Digitalisierung nicht außer Acht gelassen werden. So belastet die intensive Nutzung von Cloudrechenzentren ebenso die CO2-Bilanz wie jede andere Unternehmensaktivität. Green IT hilft dabei, den erhöhten Energieverbrauch zu reduzieren.

Nachhaltigkeit mit smarter Lichtsteuerung
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Der Berliner Bogen im Stadtzentrum Hamburgs gehört architektonisch zu den bedeutendsten Gebäuden der Hansestadt. Er wird nachts mit 28 LED-Panels beleuchtet, die mit einer smarten Lichtsteuerung nachhaltig eingesetzt werden. Mit einem Dämmerungssensor bestückt und per Mobilfunk vernetzt, passt die Lösung das System exakt an die aktuellen Lichtverhältnisse an. Dadurch spart der Betreiber im Vergleich zu herkömmlichen Varianten bis zu 40 Prozent Energiekosten.

Positive Wirkung erzeugen: Mit digitalen Geschäftsmodellen nachhaltige Werte schaffen. Für Klimaneutralität sind Durchbruchinnovationen vor allem mit Blick auf eine Kreislaufwirtschaft notwendig. Weniger Müll ist immer noch zu viel Müll. Daher denken erste Unternehmen ihre Produkte neu und gestalten sie direkt während der Konzeption und Entwicklung für Wertstoffkreisläufe „Cradle to Cradle“ – also von der Gewinnung der Rohstoffe über Fertigung und Nutzung bis hin zur Entsorgung aussortierter Produkte. Digitalisierung, moderne IoT-Technologien und digitale Zwillinge helfen hier an allen Punkten des Kreislaufs.

Nachhaltiger Konsum: Mieten statt kaufen
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Vaude, ein Hersteller von Outdoor- und Sportkleidung, ist Vorreiter für fair und nachhaltig produzierte Produkte. Er setzt vollständig auf nachhaltige Materialien, klimaneutrale Prozesse und umweltfreundliche Produkte. Darüber hinaus achtet das Unternehmen bei den Zulieferern auf faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen. Zudem entwickelt das Unternehmen nachhaltige Geschäftsmodelle. Ein Beispiel dafür ist VAUDE Rent, ein Mietservice für umweltfreundliche und fair produzierte Outdoor-Ausrüstung.

Verantwortung vorleben: Mit agiler Transformation resilienter und damit nachhaltiger werden. Sinnorientierte Unternehmen mit Purpose handeln nachhaltiger. Sie verbinden langfristiges Denken und gesamtgesellschaftlichen Wert – insbesondere hinsichtlich Klimawandel, Ressourcenschonung und Erhaltung der natürlichen Umwelt.

67 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit definiertem Purpose haben einen deutlichen Leistungszuwachs.

Quelle: Purpose. Die große Unbekannte.

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