Der deutsche Mittelstand sieht sich einer Multikrise gegenüber. Die Liste der Krisenphänomene ist lang: Energieengpässe, Klimawandel, gestörte Lieferketten, politische Instabilitäten, Arbeitskräftemangel. Aus unserer Sicht ist das beste Mittel gegen diese Multikrise die beschleunigte Digitalisierung: Sie macht Unternehmen nachhaltiger, resilienter und effektiver.
Unser neues Trendbook „Kompass für die Multikrise“ bietet Empfehlungen und Anregungen, um ein Fitnessprogramm für die Unternehmen zu entwickeln und so die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Zahlreiche Fallbeispiele aus der Praxis ergänzen die dargestellten Trends.
Der Inhalt dieses Beitrags:
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Neue Herausforderungen für die Wirtschaft
Multikrise und perfekter Sturm – diese beiden Begriffe sind bereits in die Alltagssprache übergegangen. Multiple, sich überlagernde Krisen bestimmen das Geschehen in Wirtschaft und Gesellschaft. Sie erzeugen etwas, was im englischen Sprachraum als „Perfect Storm“ bezeichnet wird. Drei wichtige Herausforderungen bestimmen die nahe Zukunft.
- Demografie: Eine veränderte Altersstruktur sorgt für einen Arbeitskräftemangel.
- Decoupling: Die Abkoppelung von China fordert die exportorientierten Unternehmen heraus.
- Dekarbonisierung (Net Zero) prägt über Jahre die Agenda der Unternehmen.
Permanentes Management von Externalitäten
Der Schaeffler-CEO Klaus Rosenfeld bringt es in dieser Diskussion auf den Punkt: “Es gibt immer wieder Momente, wo man denkt, es reißt jetzt ab. Aber es reißt nicht ab. Wir sind gefordert, das richtige zu tun. Die Interdependenzen zwischen den Problemen und ihre Vernetzung ist sehr komplex.“
Neue Spielregeln für Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind gleichzeitig Treiber und Hemmschuh der gesamtwirtschaftlichen Transformation. Neue gesetzliche Auflagen der EU-Kommission und der Einzelstaaten widmen sich aktuell viel diskutierten Themen wie Nachhaltigkeit, Datenökonomie und Künstliche Intelligenz (KI).
Eine neue Geoökonomie ist die Antwort auf geopolitische Spannungen. Multiple, sich überlagernde Krisen (Multikrise oder Polykrise) bestimmen das Wirtschaftsgeschehen. Experten gehen davon aus, dass nun eine lange Periode höherer Inflation folgt – die „Longflation”. Steigende Kapitalkosten wirken sich erheblich auf die Investitionen aus. Hinzu kommen die Störungen der Lieferketten.
Das Trendradar als Entscheidungshilfe in der Multikrise
Die Haupttrends im Überblick
Agilität, Offenheit, Sinnorientierung sind drei klare Leadership-Trends für die Bekämpfung der Multikrise. Bei Strategie und Führung steht die nachhaltige Unternehmensführung im Vordergrund. Produkt- und Kauferlebnisse sind für den Geschäftserfolg bedeutend – auch für B2B-Märkte. Customer Experience ist deshalb ein wichtiges Handlungsfeld. Hier gilt „Digital First”. Kern jedes digitalen Geschäftsmodells sind smarte Produkte und Services. Für effiziente digitale Prozesse ist Automatisierung Pflicht.
New Work bringt den Mitarbeitenden mehr Freiheit, aber auch mehr Verantwortung. Die Mitarbeitenden werden fit gemacht für die Digitalisierung, erhalten digitale Arbeitsplätze für selbstständiges Arbeiten und werden regelmäßig weitergebildet. Basis aller Transformationsprozesse in einem Unternehmen ist die digitale Infrastruktur. Sie muss mit einem digitalen Immunsystem gegen Angriffe gesichert sein. Cloud-basierte Datenplattformen raffinieren Daten und unterstützen den Datenfluss.
Drei Stoßrichtungen der Transformation
Die Transformation kennt drei Stoßrichtungen, die sich aus den wichtigsten Zielsetzungen im Management der Unternehmen ableiten.
- Erstens sind Operational Excellence und digitale Customer Experience wichtig. Beides hilft beim Schutz des Bestandsgeschäfts, eine Priorität für viele Unternehmen
- Zweitens steht Resilienz ganz oben auf der Agenda. Im Moment wappnen viele Führungskräfte ihr Unternehmen mit Digitalisierung gegen Risiken.
- Drittens wird Nachhaltigkeit ein umfassendes Leitbild und geht über effektives Ressourcenmanagement hinaus. Die Transformationsziele werden durch neue, digitale Geschäftsmodelle erreicht.
Top-Handlungsfelder für den Mittelstand
Extreme Adaptivität ist in der Multikrise das neue Mantra in den Unternehmen. Sie müssen dafür ihre Digitalisierungsinitiativen auf drei Ebenen beschleunigen.
Digitales Denken forcieren, neue Horizonte entdecken
- Triple Play: Den richtigen Trimm zwischen Nachhaltigkeit, Resilienz und Effektivität wählen. Vier von zehn Unternehmen setzen dabei auf Forcierung der digitalen Transformation.
- Business Agility: Ein neuer Mindset setzt neue Kräfte frei. Das berichtet jedes zweite Unternehmen.
- Insights-driven Company: Datenbewusstsein erlangen. Jeder zweite digitale Vorreiter arbeitet evidenzbasiert mit Data Analytics.
Digitale Mehrwerte schaffen, am Wertschöpfungskern innovieren
- Digital First: Mit digitalen Kundenerlebnissen die Top-Line stärken. Digitale Kundenkontaktpunkte helfen bei Kundengewinnung und -bindung.
- Smartification: Drei von vier Unternehmen treiben Smarte Services im Kerngeschäft voran und profitieren: Jeder dritte Euro wird digital verdient!
- Hyperautomation: Jedes vierte Unternehmen beschleunigt das Geschäft radikal mit Automation – auch als Mittel gegen Fachkräftemangel.
Digitale Fähigkeiten trainieren, das digitale Fundament festigen
- New Work: Der Wandel zu einer dialogorientierten Kultur ist spürbar.
- Digital Workplace: Der digitale Arbeitsplatz ist Standard.
- Cybersecurity: Um das digitale Immunsystem zu stärken, setzen digitale Vorreiter auf Plattformstrategien. Die Cloud macht die Digitalisierung sicherer und zuverlässiger.
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Drei Horizonte für den richtigen Innovationsmix
Das Drei-Horizonte-Modell von McKinsey hilft dabei, Handlungsfelder zu priorisieren und sich auf die richtigen Maßnahmen zu fokussieren. Die Unternehmen müssen zuerst absichern, was bereits da ist. Dann müssen sie fördern, was wächst und schließlich nach neuen Märkten Ausschau halten. So entsteht der richtige Innovationsmix für das Triple Play aus kurzfristigen Maßnahmen und Zukunftsinvestitionen.
Die einfachste Regel für das Setzen von Prioritäten ist die 60:30:10-Regel, die Investitionen, Ressourcen und Personal auf unterschiedliche Maßnahmenbündel aufteilt.
Fitnessprogramm für die Multikrise
Die deutsche Schlüsselbranche Automotive steht unter Druck. Steigende Energiepreise sowie anschwellende Inflation und der Mangel an digitalen Talenten zeigen deutlichen Handlungsbedarf.
Der Mittelständler WKW Automotive nutzt für seine Pressen einen Digitalen Zwilling. Er beobachtet das Verhalten der Anlagen, sendet automatisch Aufträge an die Instandhaltung, plant die optimale Reihenfolge der Produktionsaufträge und ordert das Material für die nächste Schicht. Das Ergebnis: Über zehn Prozent Produktivitätssteigerung nach knapp einem Jahr.
Konsumgüterindustrie und Einzelhandel sehen sich vielfältigen Herausforderungen gegenüber: Steigende Warenkosten, uneinheitliche Handelsvorschriften, (auch hier) Arbeitskräftemangel und eine veränderliche Nachfrage .
Das Logistikunternehmen Fiege nutzt ein autonomes Kommissionier-Fahrzeug. Das Regal auf Rädern ist mit 3D-Kameras, Laseroptik und einem Indoor-Navigationssystem ausgestattet. Es sucht im Lager selbsttätig nach den gewünschten Artikeln und stellt so die geforderte Lieferung zusammen. Die Fahrzeuge lassen sich auch für vorbereitende Tätigkeiten nachts oder bei einer Inventur einsetzen.
Das deutsche Gesundheitssystem wurde von der Corona-Pandemie an seine Grenzen gebracht. In Deutschland zeigen sich in der Multikrise vor allem systembedingte Probleme wie unzureichende Digitalisierung, Bürokratisierung, Fachkräftemangel und Störungen der Lieferkette. Die Gesundheitsversorgung war im Dauerstress.
Das Home-Monitoring-System des Herstellers Biotronik bietet für Herzpatienten eine kontinuierliche Überwachung. Die Herzschrittmacher besitzen einen Funkchip, der den Zustand des Patienten, aber auch des Implantats regelmäßig an einen CardioMessenger sendet. Der Vorteil des Systems: Angeschlossene Ärzte und Krankenhäuser können online auf die relevanten Informationen zu ihren Patienten zugreifen.