Der perfekte Sturm: Neue Herausforderungen für die Wirtschaft

von Bernhard Steimel
11. Mai 2023
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Im Moment bestimmt das Management von Externalitäten die Geschäftstätigkeit vieler Unternehmen. Energieengpässe, gestörte Lieferketten, geringe wirtschaftliche Dynamik mit (fast) Nullwachstum, Inflation, Schuldenkrisen, politische Instabilitäten, die Nachwirkung der Pandemie, Klimawandel, Arbeitskräftemangel, alternde Gesellschaften – die Liste der Krisenphänomene ist lang.

Der Inhalt dieses Beitrags:

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem „Trendbook Kompass für die Multikrise“. Einen Überblick über das Trendbook gibt dieser Artikel. Sie können es außerdem direkt kostenlos herunterladen.

Patchwork der Risiken: Die Riskmap des Weltwirtschaftsforums (Quelle)

Die Herausforderungen für Unternehmen liegen aber nicht ausschließlich in der Krisenbewältigung. Daneben müssen sie sich mit der CO2-Reduktion, neuen rechtlichen Anforderungen, der Entkopplung der globalen Zusammenarbeit, der digitalen Transformation und vielen weiteren Themen beschäftigen – ein perfekter Sturm als Herausforderung für Wirtschaft.

8 von 10 Unternehmen in Europa mussten angesichts der Krisenphänomene bereits ihre wirtschaftlichen Ziele für die nächsten Jahre revidieren.

Quelle: Europas Industrie im Wandel

Neue Spielregeln für die Wirtschaft

Nachhaltigkeit wird zur Pflicht. Die EU Corporate Sustainability Reporting Directive CSRD erweitert die Berichtspflichten für die meisten Unternehmen ab 250 Mitarbeitern um Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange. Ergänzt wird sie durch das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz LKSG. Es verpflichtet Unternehmen zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen (etwa Kinderarbeit) und Umweltverstößen in ihrer Lieferkette. Ergänzt werden die neuen Regeln durch die EU-Taxonomie, die Kriterien für ökologisch-nachhaltige Investitionen festlegt und damit die Spielregeln für die Kreditvergabe maßgeblich verändern wird.

Drei Viertel der Unternehmen sehen Regulierung als entscheidenden Treiber der Nachhaltigkeit.

Quelle: Praxisleitfaden Nachhaltigkeitsmanagement

Später lesen? Das vollständige Trendbook als kostenloses E-Book herunterladen.

Risikokategorien für KI-Anwendungen stehen im Zentrum des AI-Acts der EU. Sie geben an, welche KI-Lösungen rechtssicher und mit Rücksicht auf Ethik in der EU genutzt werden dürfen. Inakzeptabel risikoreiche Systeme sollen verboten werden, Hochrisiko-Anwendungen stark reguliert. Dies kann Verbote für aktuell stark diskutierte Technologien wie ChatGPT nach sich ziehen. Eine Konsequenz wäre die Abkopplung von innovativen Technologien, die dann anderswo entwickelt werden.

Die faire Nutzung von Daten soll der Data Act der EU garantieren. Konkret wird die Verordnung regeln, wem welche Daten gehören und wie sie rechtssicher geteilt werden können. Dies betrifft vor allem die Industrie, die mit Smart Manufacturing und Data Analytics geschäftskritische Daten produziert. Doch es geht nicht nur um gesetzliche Beschränkungen: Die Bundesregierung will ein Dateninstitut aufbauen, das Pilotprojekte aus Wissenschaft und Wirtschaft fördert.

Zwei Drittel der Unternehmen sehen KI als Chance für ihre Geschäftstätigkeit.

Quelle: Künstliche Intelligenz – Wo steht die deutsche Wirtschaft?

Nachhaltigkeit und CO2-Reduktion
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Effizienz und Datenintegrität für CSRD-Reporting und Nachhaltigkeitsmanagement erreicht der Uhrenhersteller Breitling mit der Salesforce Net Zero Cloud. Sie hilft Emissionsdaten zu erheben, zu visualisieren und anhand geplanter Reduktionsziele zu prüfen , um informierte Entscheidungen zu treffen.

Die neue Geoökonomie

Diese Multikrise erzeugt eine neue Geoökonomie. Die Welt zerfällt in zwei Wirtschaftsblöcke. Zwischen dem durch die USA dominierten Westen und China sowie seinen Partnern ist eine Konfrontation entstanden. Doch eine vollständige Abkopplung der Volkswirtschaften ist weder wahrscheinlich noch wünschenswert. Beide Seiten würden verlieren: Experten gehen von bis zu 870 Milliarden Euro Einkommensverlust in der EU aus. Die multipolare Welt wird neue Regeln hervorbringen, nach denen Unternehmen agieren müssen, um erfolgreich zu sein.

„Die Welt ist buchstäblich in Unordnung geraten“, sagt Henning Vöpel, Direktor des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). „Dies wird Konsequenzen für die Globalisierung und auch die internationale Makroökonomie haben.“ In der neuen Geoökonomie werden Handelsbeziehungen nach geoökonomischen Interessen beurteilt, Wirtschaftssanktionen sind ein Instrument der Politik. Doch diese Sanktionsregime bremsen in den Unternehmen strategische Investitionspläne. Es ist zu erwarten, dass aufgrund neuer geopolitischer Spannungen diese Instabilität längerfristig bleiben wird.

11,8 Prozent der deutschen Importe kommen aus China. 2,7 Prozent der Wertschöpfung und 2,4 Prozent der Beschäftigung sind vom Export nach China abhängig.

Quelle: Gegenseitige Abhängigkeiten im Handel

Anpassungsfähigkeit ist mehr denn je gefragt. Die Unternehmen diskutieren das Thema Business Resilience spätestens seit der Pandemie besonders intensiv. Die Quintessenz aus unserer Resilienzmeister-Studie: „Anpassungsfähige Unternehmen sind schneller, konsequenter, investieren trotz Krise und sie sind digitaler als ihre schwächeren Konkurrenten. Auch in der Multikrise ist diese Reaktion gefragt. Es geht darum, Umsatz und Gewinne im wirtschaftlichen Abschwung zu halten oder sogar zu verbessern. Ein wichtiges Mittel dafür ist die digitale Transformation.“

Umsatzentwicklung im Online-Geschäft (Quelle)

Die Digitalisierung verstetigt sich

Die Pandemiejahre 2020/21 waren ein Digitalisierungs-Booster und die Entwicklung ist nicht abgebrochen. Der Mittelstand hat erstmals während der Pandemie verstärkt auf digitale Vertriebswege gesetzt und baut sie seitdem kontinuierlich aus. Viele Mittelständler haben ihr Geschäftsmodell erweitert. Sie bieten neue, digitale Servicemodelle, die das bestehende Portfolio mit rein digitalen Services ergänzen.

Die digitale Transformation bringt ständig neue Entwicklungen hervor. Ein Beispiel dafür sind generative KI-Lösungen wie ChatGPT. Solche Systeme erzeugen Texte aus wenigen Stichworten, verdichten Dokumente zu einem Executive Summary, schreiben Varianten vorhandener Texte oder beantworten Fragen. Diese KI-Systeme unterstützen Mitarbeitende bei ihren Aufgaben und übernehmen Routineaufgaben in der Geschäftskorrespondenz oder dem First-Level-Support.

5 Stunden Entwicklungszeit statt 2 Wochen
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Die peruanische Talent- und Weiterbildungsplattform Crehana hat mit ChatGPT und anderen generativen KI-Tools zur Bild- und Videoerzeugung einen Online-Kurs zum KI-Einsatz in HR gestaltet. Die Entwicklung dauerte insgesamt etwa fünf Stunden. Normalerweise erfordert die manuelle Produktion selbst eines kurzen Kurses zwei Wochen.

Zudem kann Digitalisierung dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Klar ist: Die Anzahl der Erwerbspersonen sinkt, weder Nettozuwanderung noch eine höhere Erwerbsquote können dieser demografischen Tendenz entgegenwirken. Dies wird in den nächsten zehn bis 20 Jahren zu einem großen Fachkräftemangel in den Unternehmen führen, besonders in MINT-Berufen. Ein Rückgang der Innovationen in deutschen Unternehmen könnte die Folge sein. Sie müssen frühzeitig gegensteuern, beispielsweise mit verstärkter Automatisierung und erhöhtem KI-Einsatz, um Mitarbeitende von Routinen zu entlasten und für wichtigere Aufgaben freizustellen.

70 Prozent der digitalen Vorreiter sind in Krisen resilienter als weniger digitale Unternehmen.

Quelle: Die Resilienzmeister. Erfolgsformel der digitalen Vorreiter im Mittelstand.

Nachhaltigkeit mit Digitalisierung

Digitalisierung ist eng verknüpft mit Nachhaltigkeit. Sie kann die Dekarbonisierung beschleunigen – etwa durch Remote Work und die digitale „Dematerialisierung“ vieler Prozesse. Erste Unternehmen denken zudem ihre Produkte neu und setzen auf innovative Technologien wie Digitale Zwillinge, 3D-Druck, Telepräsenz mit Virtual und Augmented Reality oder Kreislaufsysteme für Ressourcen.

Marktplatz für gebrauchte Elektronik
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Das Start-up Refurbed hat sich zum Ziel gesetzt, die Kreislaufwirtschaft zu stärken. Es bietet Services für Reparatur und Wiederaufbereitung von Elektronik. So soll eine längere Produktlebensdauer gefördert werden. Auf einer Online-Plattform verbinden sich Konsumenten und Händler. Vertrieben werden ausschließlich gebrauchte Elektronikgeräte. Der Kunde erhält vollständig erneuerte Geräte mit einer Zwölfmonatsgarantie.

Das Ziel einer emissionsfreien Wirtschaft durch Dekarbonisierung ist nur durch starke Maßnahmen zu erreichen – etwa durch effizienzorientierte Prozessautomatisierung, den Umstieg auf serviceorientierte digitale Geschäftsmodelle und den Einstieg in die Kreislaufwirtschaft. Dahinter steht aber auch ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel mit neuen Verbraucherpräferenzen. Die Unternehmen müssen mit ihren Produkten und Services jenseits von Emissionssenkung einen positiven Impact erzeugen.

Besonders nachhaltig handeln sinnorientierte Unternehmen. Sie verbinden langfristiges Denken und gesamtgesellschaftlichen Wert – insbesondere hinsichtlich Klimawandel, Ressourcenschonung und Erhaltung der natürlichen Umwelt. Digitale Vorreiter verwirklichen verantwortungsvolle Unternehmensführung in diesem Sinne.

372 Millionen Tonnen CO2 (= 50 Prozent) müssen eingespart werden, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen.

Quelle: Klimaeffekte der Digitalisierung

 

Titelbild von WikimediaImages via Pixabay

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