EPOMS & Co.: Wie sich Touchpoints kategorisieren lassen

von Anne M. Schüller
29. Juni 2016
Wie sich Touchpoints kategorisieren lassen

Die Spielregeln im Markt werden heute von den Konsumenten diktiert. Eine Obsession für Kundenbelange ist somit ein Muss. Das Marketing der Zukunft orientiert sich deshalb an Touchpoints – und an der Customer-Journey.

Touchpoints entstehen überall da, wo ein (potenzieller) Kunde mit einem Unternehmen und seinen Mitarbeitern beziehungsweise seinen Produkten, Dienstleistungen und Marken in Berührung kommt. Online wie offline zeigt sich in solchen „Momenten der Wahrheit“, was die Versprechen eines Anbieters tatsächlich taugen.

Sie sind die Bewährungsproben einer Kundenbeziehung und richten über hopp oder topp. Begehrlichkeit, Immer-wieder-Kauflust und positive Mundpropaganda gezielt auszulösen ist deshalb die einzige Wahl. Entscheidend ist also, was an den einzelnen Touchpoints passiert. Dazu muss man diese zunächst verstehen.

Wie man direkte und indirekte Touchpoints näher betrachtet

So, wie jeder Kunde anders ist, so ist auch das Vorgehen der Anbieter je nach Branche verschieden. Insofern lassen sich Touchpoints auf unterschiedliche Weise gruppieren. Zum Beispiel so:

  • Direkte Touchpoints, an denen die Mitarbeiter unmittelbar mit einem Kunden interagieren, wie etwa ein Verkäuferbesuch, die Hotline oder der Messestand.
  • Indirekte Touchpoints, bei denen ein Bindeglied zwischengeschaltet ist, wie etwa eine Website, ein Mailing, eine Rechnung oder ein Paket.

Bei direkten Touchpoints spüren intuitionsbegabte Mitarbeiter meistens unmittelbar an der Reaktion eines Kunden, ob das, was dort passiert, enttäuschend, okay oder begeisternd ist. Beim indirekten Kontakt spürt man das nicht. Und hierin liegt eine große Gefahr: Man verheddert sich in standardisierten Prozessen, die für die Firma zwar praktisch, für die Kunden jedoch unvorteilhaft sind.

Oder man denkt nur an die Kosten, nicht aber daran, was eine Sache aus Kundensicht bringt. Oder man fragt nicht nach und geht von seiner Eigensicht aus. „Also, mir würde Mailing A besser gefallen“, sagt zum Beispiel der Chef. Und weil das Wort des Chefs Evangelium ist, wird wider besseren Wissens Mailing A an die Kunden verschickt.

Human Touchpoints spielen eine erfolgsentscheidende Rolle

Je nach Unternehmensgröße und Branche kann das Gesamt der Touchpoints auch wie folgt unterteilt und gegliedert werden, um die einzelne Facetten einer Dienstleistung aus Kundensicht in den Fokus zu rücken:

  • Human Touchpoints,
  • Process Touchpoints,
  • Product Touchpoints,
  • Document Touchpoints,
  • Location Touchpoints.

Betrachten wir zum Beispiel ein Hotel, dann sind die Mitarbeiter, mit denen man an vielen Punkten in Berührung kommt, die Human Touchpoints. Prozesse wie der Ein- oder Auscheckvorgang sind Process Touchpoints. Die Zimmerausstattung ist ein Produkt Touchpoint. Das Informationsmaterial auf dem Zimmer oder die Speisekarte sind Document Touchpoints. Und der Parkplatz oder die Wellnesszone sind Location Touchpoints.

Meist spielt der Human Touch die entscheidende Rolle. So kann es passieren, dass ein Kunde seiner Automarke treu verbunden bleibt, jedoch den angestammten Händler verlässt, weil sein langjähriger Betreuer in ein anderes Autohaus wechselt. Und weiter kann es passieren, dass die Loyalität, die der Verkäufer mühevoll aufgebaut hat, in wenigen Augenblicken durch einen miserablen Kundendienst vernichtet wird.

Bereits das zweite Auto “verkaufen” also die Service-Mitarbeiter. Wenn man sich allerdings in die Service-Bereiche der Händler begibt, ist davon wenig zu spüren. Manchmal verstecken sich diese sogar im Keller, und dort sieht es aus wie im Baumarkt. Besser ginge es über eine breite Treppe in den ersten Stock, um zu zeigen, wie wertvoll eine bestehende Kundenbeziehung ist.

EPOMS: Touchpoints aus Unternehmenssicht

Für eine im Marketing sehr geläufige Gruppierung von Touchpoints (oft auch Media genannt) lässt sich das Akronym EPOMS verwenden:

  • Earned Touchpoints, also solche, die man sich durch gute Arbeit verdient (Bewertungen, Presseberichte, Weiterempfehlungen usw.),
  • Paid Touchpoints, also solche, die ein Unternehmen sich kauft (Anzeigen, Bannerwerbung, Adwords, TV- und Radiospots, Plakate usw.),
  • Owned Touchpoints, also solche, die man besitzt (Website, Unternehmensblog, Kundenmagazin, Online-Shop, Firmengebäude, Ladengeschäft usw.),
  • Managed Touchpoints, also solche, die man an Drittplätzen managed (Facebook, Apps im externen App-Store, externes Callcenter, Messestand usw.),
  • Shared Touchpoints, also solche, die man mit anderen teilt (Erfahrungsberichte, Erklärvideos, E-Books, Presseartikel, Tweets, Forenbeiträge usw.).

Die Paid und die Owned Touchpoints lassen sich relativ leicht „kontrollieren“. Bei den Managed Touchpoints hat die Kontrolle allerdings Grenzen, weil der Betreiber der Plattform die dortigen Regeln diktiert. Unangekündigt kann er sie jederzeit ändern.

Dies kann sehr viel Arbeit von heute auf morgen zunichtemachen. Zudem kann eine Plattform ruckzuck wieder von der Bildfläche verschwinden. Deshalb gehören Kernaktivitäten und kommunikative Kronjuwelen immer auch auf eigene Präsenzen.

Earned und Shared Touchpoints: von immer höherem Stellenwert

Seitdem Anbieterwerbung zunehmend blockiert wird, haben die Earned und die Shared Touchpoints enorm an Bedeutung gewonnen. Demzufolge müssen Marketingressourcen vor allem dorthin geleitet werden, wo das Influencing via Mundpropaganda und Weiterempfehlungen intensiviert werden kann.

Doch dabei tappen Unternehmen sehr oft im Dunkeln. Denn Earned und Shared Touchpoints lassen sich nicht „kontrollieren“. Man muss sich das, was dort passiert, durch sehr gute Leistungen verdienen. Denn Durchschnitt wird niemals empfohlen.

Deshalb spielen Superlative und Sympathie eine maßgebliche Rolle. Eigener Content sollte zugleich nützlich und unterhaltsam sein. Je emotionaler, desto viraler ist dabei das Motto. In Social Networks sorgen die Menschen dann für eine umfangreiche Weiterverbreitung.

Im Content Marketing ist Shareability heutzutage ein Muss

Im Content Marketing ist zu beachten, auf welche Weise die Menschen Inhalte teilen. Denn nicht alles wird öffentlich sichtbar. Vielmehr verlagert sich das Social Sharing immer mehr in Richtung „Dark Social“, die Inhalte werden also nicht öffentlich via Facebook oder Twitter, sondern direkt über Messenger wie WhatsApp geteilt. Oder sie landen auf Snapchat, wo sie dann gleich wieder verschwinden.

Insgesamt 84 Prozent allen Contents landet in „Dark Social“, fand kürzlich eine Studie von RadiumOne heraus. Hinzu kommt die mündliche Weitergabe, die nach wie vor einen hohen Stellenwert hat. Social Media Analytics Tools erfassen beides übrigens nicht.

In eintägigen Großgruppenworkshops mit den Mitarbeitern, denen der Kunde auf seiner Reise durch die Unternehmenslandschaft begegnet, lassen sich Customer Journeys erarbeiten und ausgewählte Touchpoints gezielt optimieren. Ist die Methodik erst mal bekannt, kann sie danach im Unternehmen – zum Beispiel mithilfe eines Customer Touchpoint Managers – kontinuierlich weiterentwickelt werden.


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1 Kommentar

Günter Heini 19. April 2021 - 19:44

Spannender Artikel. Ich sehe das genauso. Es gibt immer mehr Touchpoints. Ich habe mir auch schon einmal die Mühe gemacht und geschaut, wo meine Inhalte im Netz zu finden sind. Ich habe gestaunt.

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