Vernetzte Produkte mit lokaler Intelligenz

von Bernhard Steimel
12. Februar 2018
Vernetzte Produkte mit lokaler Intelligenz

Ein Auszug aus dem neuen Praxisleitfaden „Internet der Dinge“, der kostenlos zum Download zur Verfügung steht.


Der Kern vieler Smart Services ist ein sogenanntes Cyber Physical System (CPS). Damit ist eine Verbindung von physikalischen Produkten mit IT in vielerlei Dimension gemeint. Ein Beispiel ist ein Temperatursensor in einem Raum: Bisher war es so, dass der Sensor die Temperatur gemessen und diese Daten regelmäßig gesendet hat. Das war sehr einfach, es ging im Grunde nur darum, eine physikalische Größe zu messen.

Diesem Gerät kann jetzt aber ein kleines Stück Intelligenz verschafft werden, indem etwa bestimmt wird, dass es nicht mehr ständig Temperaturwerte schickt, sondern in dem Fall einen Alarm anzeigt, wenn sich der Temperaturwert um fünf Prozent verändert. Doch das Produkt steht nie allein da, sondern es ist entweder mit Systemen in der Cloud verbunden oder mit anderen Cyber-Physical Systems. Dies ist beispielsweise bei autonomen Systemen der Fall, die sich untereinander abstimmen, wer was wann tut.

Zur Veranschaulichung ein Beispiel aus der Medizintechnik: Ärzte in Kliniken beispielsweise könnten Ultraschallgeräte einsetzen, die sich selbst orten und daher wissen, in welchem Raum sie sind. Der nächste Schritt in Richtung eines smarten Gerätes wäre dann die automatische Erkennung von Arzt und Patient. In Deutschland ist das sicher noch ein rechtliches Problem, aber der Vorteil wäre, dass das Gerät die Untersuchung direkt auf eine Kostenstelle bucht und in eine digitale Patientenakte einfügt.

Smarte Produkte für zukünftige Anforderungen

Digital Business Engineering hat solche smarten Produkte zum Ziel. Aber was Unternehmen schwerfällt, sind Vorüberlegungen zu künftigen Kundenwünschen. Sie sehen ihre jetzigen Produkte und wissen nicht, was Kunden in Zukunft brauchen werden. Es wird oft gewartet, bis neue Anforderungen kommen und dann wird überlegt, wie man diese bedienen kann. Digital Business Engineering setzt genau hier an: Es gilt zu überlegen, was die neuen Anforderungen sein können und welche Fähigkeiten das Unternehmen braucht, um diese Anforderungen umzusetzen.

Wichtig ist auch der zeitliche Aspekt, denn früher waren die Produktentwicklungszyklen lang. Gerade bei IT-Projekten wurde zuerst ein Anforderungsprofil plus Lasten- plus Pflichtenheft geschrieben, dann begann die Entwicklung und wenn das Produkt marktfähig war, war es oft schon veraltet. Heute gibt es Startups, die sehr viel kürzere Produktentwicklungszyklen realisieren können, und auch die großen Internetunternehmen leben das vor. Netflix, Twitter oder Facebook zum Beispiel stellen nicht einmal pro Jahr eine neue Softwarevariante bereit, sondern täglich.

„Zunächst muss ein Unternehmen Klarheit über die strategische Perspektive bekommen: Wo möchte ich als Unternehmen hin, was möchte ich umsetzen? Falsch wäre die Überlegung: Ein System für einen spezifischen Anwendungsfall wird als Webservice digitalisiert.“ (Sebastian Steinbuß vom Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST im Smarter Service Talk)

Ein Beispiel wäre eine Versicherung mit einem internen Dokumentenmanagement- System, die nur über Briefe mit den Kunden kommuniziert und ihren großen Digitalisierungsschritt darin sieht, die Dokumente nun übers Internet verfügbar zu machen. Das ist ein „Ansatz von unten“, von der Technologie her. Besser wäre es dagegen, eine Strategie zu gestalten und festzulegen, wie die Kunden mit dem digitalisierten Unternehmen interagieren möchten.

Das „Innovation Board“ als Werkzeug für Smart-Service-Entwickler

Wichtiger als die Methode und der Arbeitsprozess ist die Rolle des „Entrepreneurs im Unternehmen“ mitsamt des dazugehörigen Mindsets. Die Herausforderung besteht darin, beide Seiten zu bedienen: Unternehmen müssen auf der einen Seite prozesssicher und effizient arbeiten, aber auf der anderen Seite Freiraum schaffen, in dem kreative Ressourcen zum Einsatz kommen.

In erster Linie ist es wichtig, stärker auf die eigenen Mitarbeiter zu schauen. Entrepreneure im Haus benötigen Rückendeckung. Innovationsprozesse können nur erfolgreich sein, wenn die Rückkopplung ins Unternehmen funktioniert. Das „Digital Innovation Playbook“ von Christian Beinke stellt mit dem „Innovation Board“ jedem Entrepreneur eine Arbeitsgrundlage zur Verfügung. Mit ihr kann er seine Ideen strukturieren und ausarbeiten. Gleichzeitig bringt es Ideen und Geschäftsmodell-Konzepte in eine einheitliche Form. Dadurch ist es dem Management möglich, unterschiedliche Konzepte zu vergleichen und im Kontext des eigenen Marktumfelds zu bewerten.

Vernetzte Produkte mit lokaler Intelligenz

Die richtige Auswahl an Werkzeugen und die Fähigkeit, auf Unvorhergesehenes zu reagieren, sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren für die Innovationsentwicklung im Unternehmen. Außerdem muss das Management den groben Plan festlegen – langfristige Visionen und strategische Ausrichtung. Es muss im Vorfeld klären, warum überhaupt das Abenteuer in Angriff genommen werden soll und worum es ganz konkret geht.

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