Drei Fragen an Enno Borchers

von Bernhard Steimel
22. Oktober 2020
Enno Borchers

Am Anfang der Digitalisierung steht die Datensammlung, weiß Enno Borchers, Experte für die Automotive- und Industrieproduktion bei der Telekom. Erst durch ihre Auswertung entstehen wirklich smarte Services.

Wie kann ein Unternehmen aus dem Maschinenbau oder der Automatisierungstechnik in die Smartifizierung von Produkten und Services einsteigen?

Unternehmen sollten die Digitalisierung ganzheitlich und durchgängig betrachten. Dazu gehören die drei Kernprozesse Order-to-Cash, Supply Chain und der Engineering-Prozess, die in einer Gesamt-Architektur funktionieren und durch die IT-Systeme ideal digital unterstützt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Digitalisierung beginnt beim CEO bzw. beim Inhaber, er sollte der oberste Digitalisierer im Unternehmen sein und die Themen setzen. Kein CTO oder CIO allein kann die digitale Transformation eines Unternehmens schultern. Dafür ist es sehr wichtig, dass alle Bereiche des Unternehmens das gleiche Verständnis der Digitalstrategie haben. Dies betrifft besonders die Führungskräfte, die an einem (digitalen) Strang ziehen müssen.

Ganz wichtig: Kein Digitalisierungskonzept ohne Innovationskonzept. Alle Digitalisierungsvorhaben sollten auch unter dem Aspekt der Innovation betrachtet werden. Es geht immer um das Gestalten von neuen, bisher noch nicht im Markt vertretenen smarten Produkten und Services sowie möglichst ideal unterstützten Arbeitsprozessen, die durch innovative Technologien ermöglicht werden.

Wie wirken sich Digitalplattformen auf das zukünftige Geschäft aus?

Im Maschinenbau sind aktuell Plattformen im Trend, die die Prozesse durchgängig, also Ende-zu-Ende, digital unterstützen. Zusätzlich können sie Kunden und Geschäftspartnern eine hohe Transparenz bieten. So können die Besteller jederzeit erkennen, in welchem Prozess- oder Logistik- schritt sich ihre Bestellung befindet.

Mit der Durchgängigkeit verbunden ist eine erhebliche Beschleunigung: die Bestellung kann beispielsweise innerhalb weniger Stunden bearbeitet werden und nicht erst in Tagen. Dabei zeigt sich deutlich, dass der Kontakt zum Endkunden, also zum Nutzer einer Maschine, ein wichtiger Aspekt der Digitalisierung ist. Durch das Plattformgeschäft verlieren Zwischenhändler an Bedeutung und die Unternehmen können direkt mit dem Kunden interagieren. Dieser unmittelbare Kundenkontakt erhöht die Messbarkeit und hilft auch bei der Verbesserung von Produkten und Services sowie bei Innovationsprojekten.

Ein weiteres Digitalisierungsziel ist eine möglichst flexible Produktion, die Leerläufe abfedert und die Anlagen möglichst effektiv nutzt. Dafür werden Daten ermittelt, die wertvolle Informationen für Maschinenhersteller und -betreiber liefern. In einigen Branchen ermöglichen die Daten auch eine Art Schwarmanalyse: Wenn ein Hersteller von Maschinen die Nutzungsdaten anonymisiert zusammenführt und mit modernen Analysemethoden wie KI auswertet, verbessert sich die Diagnosefähigkeit für jeden Nutzer.

Neben KI gibt es eine ganze Reihe von neuen Technologien wie VR/ AR oder Blockchain. Wie verbreitet ist ihr Einsatz?

Der Einsatz der Blockchain-Technologie ist z. Zt. vergleichsweise wenig verbreitet. Es gibt erste Erfolge damit, beispielsweise der Einsatz von Smart Contracts in der Supply Chain. Vielerorts wird es sicher noch eine Weile dauern, bis diese Technologie in den Unternehmen in der Breite auftaucht. Augmented Reality und Datenbrillen werden mittlerweile zunehmend häufiger eingesetzt. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass es hier einen hohen Bedarf gibt: Durch Fernwartung mit einer Datenbrille können Techniker vor Ort Probleme beheben, der Maschinenbauer muss keine Wartungsteams rund um die Welt schicken.


Dies ist ein Auszug aus unserer neuen Studie „Trendbook Smarter Manufacturing“. Hier geht‘s zum Download.

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