Neues Trendbook Smarter Production: Mit Digitalisierung flexibler fertigen

von Bernhard Steimel
17. Juni 2021

Industrieunternehmen sehen sich disruptiven Angreifern aus Fernost oder der Startup-Szene gegenüber, die Marktanteile durch „Digital Mass Customization” und Wertschöpfungsnetzwerke gewinnen. Mit Schnelligkeit und Agilität revolutionieren sie Fertigungsprozesse und schaffen neue Formen der Industrieproduktion. In unserem Trendbook Smarter Production erkunden wir, wie die Industrie dieser und anderen Herausforderungen begegnen kann. Unsere Ergebnis: Mit einem digitalisierten Produktionscampus lässt sich schneller, flexibler und kostengünstiger fertigen. So bleiben Industriebetriebe auch in Zukunft wettbewerbsfähig und schaffen den Wandel zum produzierenden Serviceanbieter.

 

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Digitalisierung als Erfolgsfaktor

Die Coronapandemie brachte eine Erkenntnis: Je höher der digitale Reifegrad eines Industrieunternehmens, desto mehr Widerstandskraft hat es in Krisensituationen. So lautete das Fazit des Trendbooks Smarter Manufacturing von 2020.

Ein Jahr später haben viele Unternehmen Fortschritte beim Aufbau von digitalen Geschäftsmodellen gemacht. Deshalb wird 2021 das Jahr des Übergangs. Unser Trendbook Business Resilience zeigt, dass die Unternehmen die Phase der Krisenbewältigung verlassen haben und nun die Digitalisierung vertiefen wollen.

Das neue Trendbook Smarter Production legt den Fokus auf die interne Digitalisierung als Erfolgsfaktor für Produktionsunternehmen. Es geht darum,

  • wie sich wertschöpfungskritische Prozesse beschleunigen lassen,
  • wie Verschwendung vermieden und die Qualität gesteigert werden kann und
  • wie sich radikal kostengünstiger produzieren lässt.
Lean Production - Verschwendung vermeiden, Wertschöpfung steigern (Quelle: Deloitte)

Die Lean-Prinzipien haben eine wichtige Rolle bei der Steigerung der Effizienz in Unternehmen gespielt. Es wird in Zukunft allerdings nicht ausreichen, die bestehenden Produktionsabläufe nur im Sinne der Lean Production zu optimieren.

Die Fertigungsindustrie sieht sich disruptiven Angreifern aus Fernost und der Startup-Szene gegenüber. Sie sind schnell und agil. Mit Digital-First Ansätzen revolutionieren sie Fertigungsprozesse. Sie gewinnen Marktanteile durch „Digital Mass Customization” und bilden Wertschöpfungsnetzwerke.

Um diesen Angreifern zu begegnen, müssen die Industrieunternehmen ihre Fertigung auf eine neue Stufe heben, indem sie durch eine digitale Transformation

  • ihre Prozesse zwischen Produktion und Logistik besser planen, steuern und regeln,
  • die Inbound-to-Manufacturing-Logistik beschleunigen, Wartezeiten verkürzen und Anlieferungen optimieren sowie
  • Produktionsqualität und Zuverlässigkeit steigern.

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Die digitale Lernreise beginnen

Unternehmen benötigen für ihre digitale Transformation ein Zielbild. Sie müssen wissen, wohin die Reise gehen soll. Das Management und die Werker benötigen eine hohe
Akzeptanz für die Transformation und die Bereitschaft, die digitale Lernreise mitzugehen. Deshalb sollte sich das Führungsteam mit Experten vernetzen und Orte der Zukunft wie die Demofabrik besuchen.

Digitalisierung zum Anfassen: Die Demofabrik
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Die Demofabrik Aachen (DFA) wurde 2012 gegründet und sollte ursprünglich die anwendungsorientierte Forschung in einer simulierten Produktion vereinfachen. Durch die Einstellung kompetenter Facharbeiter, dem Aufbau von Maschinen und Anlagen sowie der Bereitstellung vieler anderer Ressourcen ist ein echter Produktionsbetrieb entstanden.

Die DFA fertigt für Unternehmen außerhalb des Campus und hat sich dadurch als zuverlässiger Produzent von Prototypen und Zulieferer von Bauteilen oder Vorprodukten bewährt. In der DFA entstanden die Prototypen der Elektrofahrzeuge Streetscooter und e.GO Mobile, für ein intelligentes Gefahrstofflager, einen autonomen Logistikroboter und viele weitere Use Cases.

Die Fabrik besitzt zahlreiche Demonstratoren für die digitale Fertigung und ist damit eine der wichtigsten Industrie 4.0-Referenzfabriken in Deutschland. Damit ist sie eine Vorzeigefabrik im Wortsinn: Mittelständische Industrieunternehmen erleben hier smarte Fertigung in der Praxis.

Die DFA bietet Interessierten die Möglichkeit, Industrie 4.0 live vor Ort zu erleben – in Führungen, die von kompetenten Experten begleitet werden. Auf dieser digitalen Lernreise erfahren Unternehmen, wie es mit geeigneter Infrastruktur sowie Hardware und innovativer Software möglich ist, die Transparenz und die Effizienz in der Produktion systematisch zu steigern.

5G-Technologien für die Industrie erleben
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Innovationsplattform für Mobilität und Produktion der Zukunft – so nennt sich die Arena2036, eine Forschungsfabrik der Universität Stuttgart. Sie erprobt unter anderem die Einsatzmöglichkeiten von 5G-Technologie für Produktion, Logistik und Mobilität. Damit sollen industrielle Anwendungsfälle verwirklicht werden, die bisher nur verkabelt oder mit großen Einschränkungen bei der Mobilität und Flexibilität möglich waren.

Für das 5G-Campusnetz auf 5.000 Quadratmetern Fabrikfläche werden zahlreiche Anwendungen entwickelt. Unter anderem geht es um IndoorLokalisierung mit 5G, die EchtzeitKonfiguration von Produktionssystemen und MenschRoboterKollaborationssysteme. Zudem ist auch das selbstfahrende Auto Gegenstand der Forschung.

In der Arena2036 findet die Zusammenarbeit der Projektpartner direkt in der wandlungsfähigen Fabrikhalle statt, die als offener Co-Working Space dient. Die Kooperation in heterogenen Projektgruppen bewirkt einen Kompetenztransfer jenseits der eigenen Firmen- und Institutsgrenzen.

Wertschöpfung mit digitaler Fertigung steigern

Damit Industrieunternehmen schneller werden, müssen sie alle Prozesse intelligent machen und relevante Daten erfassen. Sie erreichen damit Transparenz, Rückverfolgbarkeit und ein Frühwarnsystem, das Produktionsausfälle vermeidet.

Zudem sollten Unternehmen die Werker in den Mittelpunkt stellen und sie für eine digitale Lernreise motivieren. Sie bilden dafür agile Teams, die alle Prozesse um das Personal herum digitalisieren. Dies geschieht mit intelligenter Produktionsplanung, digitaler Fertigung und smarter Intralogistik.

„Die Herausforderungen beginnen in vielen Fällen schon auf dem Shopfloor. Es fehlen Schnittstellen, es gibt keine Konnektivität und keine Sensoren zur Datenerhebung. Dadurch haben viele Unternehmen Schwierigkeiten, die Verknüpfung von der OT (Operational Technology) zur digitalen Welt der IT zu schaffen.“

Produktion intelligent planen

Mit intelligenter Produktionsplanung erreichen Fertiger eine höhere Auslastung ihrer Maschinen. Dabei hilft der digitale Zwilling – eine digitale Repräsentation von Objekten, Strukturen oder Prozessen.

Fertigung digitalisieren

Digitale Fertigung bedeutet, die Maschinen zu vernetzen, ihre Interoperabilität mit Datenplattformen zu steigern und einen schnellen Datenfluss aufzubauen. Dadurch entsteht Transparenz über die Produktionslinien, mit der die Anlageneffektivität optimiert und eine Null-Fehler-Fertigung aufgebaut werden kann.

Lieferketten optimieren

Smarte Intralogistik reagiert auf komplexe Lieferketten, die sich zu Lieferantennetzwerken verbinden. Mit KI und Automatisierung wird die Produktionslogistik schneller und effektiver. Mit diesen Maßnahmen können Unternehmen die Produktion optimieren, die Qualität steigern und die Rentabilität erhöhen.

Moderne Tools analysieren und visualisieren Produktionsdaten (Quelle: Productoo)

Digitale Fertigung in der Praxis

Digitalisierung verbessert die Wertschöpfung von Produktionsbetrieben in drei zentralen Bereichen: In Ausrichtung auf den Kunden, innerhalb des Betriebs und den unterstützenden Prozessen. Dafür ist es notwendig, die Frontoffice-Prozesse zu beschleunigen, die Wertschöpfungsprozesse zu verbessern und alle Backoffice-Prozesse effizienter zu machen. Drei Beispiele aus deutschen Industrieunternehmen zeigen die Chancen:

Individuelle Produkte aus Massenfertigung
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Der mittelständische Sensorhersteller Fraba ist für individuell gefertigte Produkte bekannt. Früher geschah dies handwerklich, heute mit Digital Mass Customization. Produziert wird in einer vernetzten Fabrik, die ausschließlich nach kundenspezifischen Vorgaben (Build-to-Order) arbeitet.

Der Sensorhersteller nutzt zudem eine selbst entwickelte Cloud-IT-Lösung. Er hat damit Prozesse automatisiert und Papier als Informationsträger abgeschafft. Durch die digitale Fernsteuerung entsteht eine hohe Variantenvielfalt trotz Losgröße eins und kurze Lieferzeiten. Das Unternehmen erlebte eine enorme Produktivität: Sie erhöhte sich um 500 Prozent bezogen auf einen Euro Lohnkosten.

Digitalisierung verbessert die Wertschöpfung in allen drei Unternehmensbereichen: In Ausrichtung auf den Kunden, innerhalb des Betriebs und in weiteren unterstützenden
Prozessen. Dafür ist es notwendig, dass Unternehmen die gesamte Prozessstruktur überarbeiten und digitalisieren – das Beispiel von Fraba zeigt einen Ansatz dafür.

Der digitale Leuchtturm in der Fertigung
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Phoenix Contact, ein auf Elektrotechnik spezialisiertes Unternehmen aus Blomberg bei Bielefeld, stellt 60.000 Produkte her – von der Reihenklemme bis zur komplexen Steuerung. Die Herstellung geschieht zum Teil hoch automatisiert und digital, zum Beispiel bei Trennverstärkern. Sie helfen in Schaltschränken, Signale störungsfrei zu übertragen.

Über einen Konfigurator im Web können die Kunden des Herstellers bis zu 1.000 Varianten des Trennverstärkers gestalten und dann bestellen. Damit trotz der Produktvielfalt auch kleine Losgrößen von wenigen hundert Stück zu den Kosten der Massenfertigung hergestellt werden können, nutzen alle beteiligten Systeme digitale Daten – von der Auftragserstellung bis zum fertigen Produkt und der nachgelagerten Logistik.

Die beispielhafte Digitalisierung von Phoenix Contact ist vom Weltwirtschaftsforum (WEF) ausgezeichnet worden. Das WEF nimmt digitale Vorreiter in sein „Global Lighthouse Network“ auf. Es dient als Plattform zur Entwicklung von Innovationen. Im Fokus steht dabei die erfolgreiche digitale Vernetzung der Produktion und der gesamten Wertschöpfungskette.

Tracking und Tracing perfektionieren
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Der Maschinenbauer Trumpf nutzt Ultra-Wideband (UWB) als besonders robuste lokale Funktechnologie. Sie arbeitet zuverlässig auch in einer Fabrik mit vielen Metallen, die Funkwellen reflektieren und abschatten. Zusammen mit zahlreichen Industriepartnern sowie der Deutschen Telekom und T-Systems als Systemintegrator hat Trumpf auf dieser Basis den Ortungstechnologiestandard omlox entwickelt.

Er ermöglicht auf der Hardwareseite den Einsatz von Ortungsgeräten unterschiedlicher Hersteller. Auf der Softwareseite ist die gemeinsame Anbindung von Technologien wie RFID, 5G oder GPS möglich. Als übergreifender Standard bildet omlox ein Ökosystem auf der Grundlage offener Software und Hardware. Dadurch können Unternehmen für jedes ihrer IoT-Szenarien die beste Technologie einsetzen.

Intelligente Fertigung erfordert die Vernetzung von Assets in der Fabrik und der Lieferkette mit dem IoT (Internet of Things). Um beispielsweise Positionen von Werkzeugen genau zu bestimmen, sind funkbasierte Ortungslösungen notwendig. Bisher gab es noch keinen einheitlichen Standard, der alle Anforderungen der Industrie erfüllt – vom Asset-Tracking bis hin zur weltweiten GPS-Ortung. Der von Trumpf und Partnern entwickelte Standard ist dazu in der Lage.

„Eine der wichtigsten Herausforderungen ist der Werker, der in die Digitalisierung mitgenommen werden muss. Einige Unternehmen lösen dies, indem sie ihn in den Mittelpunkt des Transformationsprozesses stellen und mit hoher Priorität alle Prozesse um ihn herum digitalisieren.“

Wettbewerbsfähig und erfolgreich bleiben

Die interne Digitalisierung erweist sich als Erfolgsfaktor, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig und wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben. Dazu gehören die Verschlankung von Prozessen, die Automatisierung der Fertigung sowie die Effizienzsteigerung durch die Neugestaltung von Lieferketten.

Dabei werden alle wertschöpfenden Prozesse vernetzt. Das Ergebnis ist die digitale Restrukturierung des ganzen Unternehmens. Dieses Ziel kann jedoch nur schrittweise und auf Basis einer Strategie erreicht werden.

Digitale Reife: Sichtbarkeit, Transparenz, Prognose- & Anpassungsfähigkeit (© acatech / RWTH Aachen)

Die Unternehmen müssen zunächst ein Zielbild für die vernetzte Wertschöpfung entwickeln. Anschließend wird es in drei Schritten verwirklicht:

  1. Unternehmen optimieren ihre Wertschöpfung, in dem sie die Transparenz steigern und dafür Daten aus allen Prozessen sammeln.
  2. Die Anforderungen und Bedürfnisse der Kunden müssen stärker in den Blick rücken. Nur mit strenger Kundenorientierung lässt sich die Wertschöpfung steigern.
  3. Fertigungsunternehmen lockern die Bremsen für den Sprint zum Erfolg, in dem sie ihren Kunden digitale Services anbieten, die über das eigentliche Produkte hinausgehen und neuen Mehrwert schaffen.    

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