Resilienzmeister-Interview mit Bernd Schniering „Ohne Digitalisierung geht es nicht!“

von Bernhard Steimel
29. Mai 2022

Am Anfang ist die standardisierte und redundanzfreie Datenarchitektur, meint Bernd Schniering, Geschäftsführer der Schumacher Precision Tools GmbH. Der mittelständische Hersteller von Hochleistungs-Zerspannungswerkzeugen wie Gewindebohrern ist ein Vorreiter der Digitalisierung.

Bernd Schniering gehört zu den 54 Top-Entscheidern und Digitalisierungsverantwortlichen aus dem Mittelstand, die wir für unsere Studie „Die Resilienzmeister“ in einstündigen qualitativen Tiefeninterviews befragt haben. Darin haben wir uns mit Erfolgsfaktoren und Wachstumsfeldern der Digitalisierung beschäftigt. Für unser aktualisiertes „Trendbook Smarter Manufacturing haben wir ihn zu seinen Erfahrungen mit der digitalen Transformation im Mittelstand befragt.

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Schnell mit der Digitalisierung vorangehen

Die Schumacher Precision Tools GmbH ist sehr traditionsreich, denn sie existiert bereits seit mehr als einem Jahrhundert. Gleichzeitig ist sie hoch digitalisiert und Innovati­onsführer. Wie hat ihr Unternehmen das geschafft?

Ohne Digitalisierung geht es nicht. Wenn wir nicht frühzeitig gestartet wären, gäbe es uns heute nicht mehr. Unser Markt hat sich seit Mitte der 1980er Jahre stark verändert. Die Variantenvielfalt verdop­pelte sich alle zehn Jahre, die Bestellmengen haben sich im selben Zeitraum halbiert. Dadurch hat sich die Komplexität der Prozesse erhöht und die Kosten sind stark gewachsen.

Wir sind bereits damals in die Digitalisierung einge­stiegen: Wir haben die Prozesse beschleunigt und die Entwicklung von neuen Werkzeugen vereinfacht. So entwirft unsere Software 3D-Modelle für neue Werkzeuge innerhalb weniger Minuten. Vorher dauerte das mehrere Tage.

Unser Tochterunternehmen GAP (Gesellschaft für angewandte Prozesslenkung) entwickelt Soft­ware-Module zur optimierten Prozess-Steuerung. Wir haben unsere Prozessplattform als Baukasten ausge­legt. Sie liefert große Effizienzgewinne: 30 Prozent Kosteneinsparung bedeutet in unserer Branche Sein oder Nichtsein.

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Daten als Kompass nutzen

Was ist ihr Erfolgsrezept?

Forschung und Entwicklung ist ein wichtiger Faktor. Wir liegen im Moment bei einem Anteil der F&E-Ausgaben am Umsatz von etwa 14 Prozent in den letzten fünf Jahren. Das ist eine Menge und wir investieren bewusst so viel, weil wir zukunftsorientiert sind. Wir schätzen, dass wir in wenigen Jahren bis zu 30 Prozent unseres Umsatzes mit digitalen Zusatzleistungen verdienen. Wir verlagern also vom Produkt hin zu Mehrwertdiensten mit einem höheren Kundennutzen.

Das erfordert allerdings auch Datentransparenz und Controlling. Wir haben als Nebenprodukt der Digitalisierung in alle Prozesse Controlling-Komponenten eingebaut. Dadurch erhalten wir automatisch eine komplette Analyse jedes Auftrags mit Vollkostenrechnung. Da half uns während der Pandemie, auf Sicht zu fliegen. Wir haben unsere Daten als Kompass genutzt, um alle paar Wochen die Richtung zu ändern.

Standardisierte Datenstrukturen entwickeln

Was raten Sie Unternehmen, die erst am Beginn der Digitalisierung stehen?

Unternehmen sollten zunächst eine durchgängige und standardisierte Datenstruktur entwickeln. Erst dann sind sie in der Lage, zwischen Modulen wie CAD, ERP, MES und so weiter Daten redundanzfrei austauschen, ebenso wie zwischen Geschäftseinheiten und Partnern – alles auf einer zentralen Plattform.

Ebenso wichtig ist der Aufbau einer zentralen und automatisierten Stammdatenverwaltung. Wir haben etwa 40.000 Varianten und jede Variante ist mit bis zu 500 Prozessen und Produktdaten verknüpft. Dieser Datenbestand lässt sich nicht mehr manuell pflegen. Wir modifizieren unsere Stammdaten mit Algorithmen. Wenn sich beispielsweise eine Norm für 50 Prozent der Varianten ändert, lässt sich das nur mit Automatisierung bewältigen.

Deshalb meine dringende Empfehlung an mittelständische Unternehmen: Durchmustert abteilungsweise alle Datenstrukturen und entwickelt einen Standard, mit dem die Daten beherrschbar sind. So sind unsere Datenstrukturen beispielsweise sprachneutral und führen ein Dictionary mit sich, das für andere Märkte nur ausgetauscht werden muss. Dadurch gibt es keine Missverständnisse und die Prozesslenkung ist immer eindeutig und klar.

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